Ausgabe 9/2023
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 01.03.2023
Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 09.01.2023

Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Steuerpflicht

Der EuGH hat mit Urteil vom 21.12.2021 (C-394/20) entschieden, dass die Nichtabzugsfähigkeit von Pflichtteilsverbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten in Fällen der beschränkten Steuerpflicht nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Es liegt eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.

Nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG ist die Abzugsfähigkeit der Schulden und Lasten vom wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem erworbenen Inlandsvermögen abhängig. Bei Pflichtteilsverbindlichkeiten besteht kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen (BFH, Urt. v. 22.07.2015 - II R 12/14, BStBl II 2016, 230), so dass sie in Fällen der beschränkten Steuerpflicht nicht abzugsfähig sind. Bei unbeschränkter Steuerpflicht sind Pflichtteilsverbindlichkeiten unabhängig von einem wirtschaftlichen Zusammenhang vorbehaltlich einer eventuellen Abzugsbeschränkung nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ff. ErbStG abzugsfähig. Dies führt dazu, dass Erbschaften zwischen Gebietsfremden, die Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG betreffen, einer höheren steuerlichen Belastung unterliegen als Erbschaften im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht.

Zur unionsrechtskonformen Auslegung des § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG gelten die nachfolgenden Ausführungen: