Ausgabe 46/2022
Verfahrensrecht Aktuell vom 16.11.2022
BMF-Schreiben v. 03.11.2022 - IV A 3 - S 0460-a/19/10012 :002

Anwendungserlass zur Neuregelung der Vollverzinsung

Das BVerfG hatte bekanntlich entschieden, dass § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde gelegt wird. Die Unvereinbarkeitserklärung erstreckt sich ausdrücklich nicht auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zu Lasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO. Die Entscheidung des BVerfG betrifft aber auch nicht die ausschließlich zugunsten der Steuerpflichtigen wirkenden Prozesszinsen nach § 236 AO und die Säumniszuschläge nach § 240 AO.

Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 ist das bisherige Recht weiter anwendbar (Fortgeltungsanordnung). Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine rückwirkende Neuregelung der Vollverzinsung zu treffen. Diese Neuregelung wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12.07.2022 (BGBl I 2022, 1142) getroffen. Sie gilt für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 und ist rückwirkend in allen offenen Fällen anzuwenden. Das BMF hat umfassend zu der Neuregelung Stellung genommen.