Ausgabe 51/2022
Körperschaftsteuer Aktuell vom 21.12.2022
BFH, Urt. v. 13.07.2022 - I R 42/18

Auslegung eines Gewinnabführungsvertrags - steuerliche Rückwirkung eines notariellen Nachtragsvermerks

  1. Gewinnabführungsverträge sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte im Vertrag finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
  2. Die Korrektur einer Unstimmigkeit in einem Gewinnabführungsvertrag durch einen notariellen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG entfaltet jedenfalls dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sich der tatsächlich gewollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.
BFH, Urt. v. 13.07.2022 - I R 42/18

Streitig war das Vorliegen eines (noch) wirksamen Gewinnabführungsvertrags (GAV) als Voraussetzung für die Anerkennung einer Organschaft.

In der Vertragsurkunde des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags lautet § 4 GAV ("Dauer des Vertrags") wie folgt:

"1. Dieser Vertrag wird bis zum 31.12.1996 abgeschlossen. Seine Wirksamkeit beginnt mit Errichtung der Organgesellschaft." […] "3. Das Organ ist zu einer ordentlichen Kündigung so lange nicht berechtigt, als der Organträger am Organ mit mehr als 50 % des Stammkapitals beteiligt ist.

4. Eine vorzeitige Kündigung ist nur aus wichtigem Grund zulässig."