Ausgabe 9/2023
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 01.03.2023
BFH, Urt. v. 16.11.2022 - II R 39/20

Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer

  1. Der bewertungsrechtliche Begriff "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" ist tätigkeitsbezogen. Zivilrechtliches Eigentum an Grund und Boden oder am Besatz ist unerheblich.
  2. Ist für die Bewertung des Wirtschaftsteils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Liquidationswert maßgebend, kann ausnahmsweise der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts geführt werden, wenn der festgestellte Wert das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt. Dies setzt aber regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt.
BFH, Urt. v. 16.11.2022 - II R 39/20

Zu Leitsatz 1:

Nach § 158 Abs. 1 Satz 1 BewG ist Land- und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse. Diese Vorschrift knüpft an eine bestimmte Nutzung des Bodens, aber nicht an das Eigentum am Boden an. Einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft hat demnach derjenige inne, der Land- und Forstwirtschaft betreibt. Der Betriebsbegriff ist tätigkeitsbezogen. Zivilrechtlichen Eigentums an Grund und Boden oder am Besatz bedarf es nicht.

Zu Leitsatz 2: