Ausgabe 36/2023
Sonstiges Aktuell vom 06.09.2023
BFH, Urt. v. 10.05.2023 - II R 24/21

Grunderwerbsteuer bei Zusammenlegung und Neuerrichtung von Kirchengemeinden

  1. Hat das Finanzamt aufgrund irriger Beurteilung des Sachverhalts in einem Feststellungsbescheid den Zeitpunkt des grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgangs fehlerhaft angegeben und wurde der Feststellungsbescheid deshalb in der Folge wegen Rechtswidrigkeit gerichtlich aufgehoben, kann es nach § 174 Abs. 4 Satz 1 und 3 AO in einem weiteren Feststellungsbescheid die richtigen steuerlichen Folgerungen aus der Aufhebung innerhalb eines Jahres nach Aufhebung des Feststellungsbescheids ziehen.
  2. Führt die Errichtung einer neuen Kirchengemeinde durch Vereinigung anderer Kirchengemeinden dazu, dass sich unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (heute: 90 %) der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften bei der neu errichteten Kirchengemeinde vereinigen, unterliegt diese Anteilsvereinigung zu dem Zeitpunkt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer, an dem die staatliche Anerkennung wirksam erteilt wird.
  3. Die Besteuerung der Vereinigung von mindestens 95 % Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG als Folge der staatlich anerkannten Bildung oder Veränderung von Kirchengemeinden verstößt nicht gegen das verfassungsrechtlich garantierte kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 der Verfassung des Deutschen Reichs-WRV-) und auch nicht gegen die verfassungsrechtlich garantierte Kirchengutsgarantie (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV).