Ausgabe 47/2022
Einkommensteuer Aktuell vom 23.11.2022
BFH, Urt. v. 29.06.2022 - X R 1/20

Hinzurechnung eines Kirchensteuererstattungsüberhangs i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG

  1. Ein Erstattungsüberhang i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erfordert lediglich ein "Übersteigen" der erstatteten Aufwendungen über die im Erstattungsjahr geleisteten Aufwendungen, die auch 0 € betragen können. Ein Kirchensteuererstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat.
  2. Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat (Anschluss an BFH, Urt. v. 20.11.2019 - XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rdnr. 36).
BFH, Urt. v. 29.06.2022 - X R 1/20

Der Kläger war Gesellschafter der A-GmbH (nachfolgend GmbH). Am 26.10.2009 schloss er einen notariell beurkundeten Kaufvertrag, in dem er u.a. Geschäftsanteile auf die GmbH übertrug. Im Hinblick darauf beantragte er im November 2009 u.a. die Festsetzung einer Kirchensteuervorauszahlung von 508.768 €, die das Finanzamt im Vorauszahlungsbescheid vom 03.12.2009 antragsgemäß festsetzte. Diese Vorauszahlung leistete der Kläger am 10.12.2009, ferner im Jahr 2010 eine nachträgliche Kirchensteuervorauszahlung in Höhe von 357.052 € für den Veranlagungszeitraum 2009. Im Jahr 2011 erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag über die Geschäftsanteile.