Ausgabe 26/2022
Verfahrensrecht Aktuell vom 29.06.2022
BFH, Urt. v. 16.03.2022 - VIII R 19/19

Ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Steuerbescheids bei vermuteter Bevollmächtigung

  1. Treten Angehörige der steuerberatenden Berufe für einen Steuerpflichtigen gegenüber Finanzbehörden auf, wird auch vor der Einfügung des § 80 Abs. 2 Satz 1 AO i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2016 (BGBl I 2016, 1679) mit Wirkung vom 01.01.2017 die ordnungsgemäße Bevollmächtigung ohne Vorlage einer schriftlichen Vollmacht vermutet.
  2. Diese Vermutung gilt trotz Vorliegens einer auf bestimmte Zeiträume beschränkten schriftlichen Vollmacht auch für außerhalb der schriftlichen Vollmacht liegende Zeiträume, wenn der Angehörige der steuerberatenden Berufe für diese Zeiträume gegenüber dem Finanzamt wie ein Bevollmächtigter auftritt.
BFH, Urt. v. 16.03.2022 - VIII R 19/19

Streitig war, ob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2004 durch Zustellung an die Prozessbevollmächtigten gem. § 122 Abs. 1, Abs. 5 AO i.V.m. § 3 VwZG i.V.m. §§ 177 bis 182 ZPO am 21.12.2015 auch mit Wirkung gegenüber den Klägern und damit auch rechtzeitig - vor Ablauf der wegen Steuerhinterziehung verlängerten Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 um 24:00 Uhr - bekanntgegeben hat.