Ausgabe 35/2021
Thema der Woche vom 01.09.2021
BFH, Urt. v. 26.08.2021 - IX R 8/20

Privates Veräußerungsgeschäft nach unentgeltlicher Übertragung grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch

  1. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG ist eine Missbrauchsverhinderungsvorschrift i.S.v. § 42 Abs. 1 Satz 2 AO; damit ist die Annahme eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO für den Fall der Veräußerung nach unentgeltlicher Übertragung grundsätzlich ausgeschlossen.
  2. Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht vor, wenn er das Grundstück unentgeltlich auf seine Kinder überträgt und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern; der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.
BFH, Urt. v. 26.08.2021 - IX R 8/20

Hintergrund

Wird eine Immobilie des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert, ist der realisierte Wertzuwachs als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Anzusetzen ist dann der erzielte Veräußerungspreis abzgl. der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Immobilie und abzgl. der angefallenen Werbungskosten. Ein Verkaufsvorgang innerhalb der Spekulationsfrist führt zu sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 EStG, die im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung in der Anlage SO zu berücksichtigen sind.