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Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 29.03.2023

Gemeiner Wert eines Anteils an einer Familienholding

Verkäufe unter fremden Dritten, die nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG als Maßstab für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften herangezogen werden können, liegen vor, wenn die Beteiligten keine Angehörigen i.S.d. § 15 Abs. 1 AO sind. Die Berücksichtigung eines Holdingabschlags von 20 % wegen Holdingkosten ist angemessen. Der Substanzwert kann nicht als Mindestwert für einen aus Verkäufen i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG abgeleiteten gemeinen Wert herangezogen werden. FG Düsseldorf, Urt. v. 02.11.2022 - 4 K 1832/20 F, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 49/22) Die Klägerin ist eine GmbH. An ihr war im Jahr 2009 eine Vielzahl natürlicher Personen, die überwiegend Abkömmlinge der Familien C, D und B waren, beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin durften die beteiligten Personen über Anteile oder Teile davon nur zugunsten von Abkömmlingen der Familie B verfügen. Eine Ausnahme war nur durch den Aufsichtsrat möglich. Für die [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 15.03.2023

Steuerbefreiung für das Familienheim

Vermietet die spätere Erblasserin, die wegen ihrer Pflegebedürftigkeit in einer Pflegeeinrichtung lebt, ihre Wohnung für einen festen Zeitraum von vier Jahren, so verliert die Wohnung dadurch nicht zwangsläufig die Eigenschaft als Familienheim i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Kann die Erbin wegen der Vermietung für einen festen Zeitraum nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall in die Wohnung (Familienheim) einziehen, so schließt dieser Umstand nicht zwangsläufig aus, dass sie die Wohnung trotzdem noch unverzüglich i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zur Selbstnutzung bestimmen kann. FG München, Urt. v. 26.10.2022 - 4 K 2183/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 48/22) Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer im Februar 2018 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befand sich auch der 50%ige Miteigentumsanteil an einem Zweifamilienhaus. Die Wohnung im Haus wurde von X, dem Enkel der Erblasserin, genutzt und war zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht vermietet. Die Wohnung im [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 08.03.2023

Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht bei Erwerb durch Vermächtnis

Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. BFH, Urt. v. 23.11.2022 - II R 37/19 Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer. Der BFH hat diese Auffassung bestätigt. In Fällen, in denen keine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ErbStG gegeben ist, tritt nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG die Steuerpflicht für den Vermögensanfall ein, der in Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG besteht [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 08.03.2023

Neues Feststellungsverfahren in Vermächtnisfällen

Nach der Entscheidung des BFH vom 06.05.2021 - II R 34/18 (BStBl II 2022, 712) ist in Vermächtnisfällen der Grundbesitzwert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG gegenüber dem Erben und dem Vermächtnisnehmer einheitlich festzustellen. Eine eigenständige Feststellung gegenüber dem Vermächtnisnehmer, wie in R B 151.2 Abs. 2 Nr. 4 ErbStR vorgesehen, lehnt das Gericht ab. Ein nur gegenüber dem Vermächtnisnehmer ergangener Feststellungsbescheid ist nach Ansicht des BFH jedoch nicht nichtig. Diese Urteilsgrundsätze lassen sich auch auf Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG übertragen. Nach der Entscheidung des BFH vom 16.03.2021 - II R 3/19 (BStBl II 2022, 706) ist der Erbe am Feststellungsverfahren im Bereich der Steuerentlastungen für Unternehmensvermögen nicht zu beteiligen, wenn er aufgrund einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers verpflichtet ist, das dem Grunde nach steuerbegünstigte Vermögen vollständig auf den [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 01.03.2023

Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer

Der bewertungsrechtliche Begriff "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" ist tätigkeitsbezogen. Zivilrechtliches Eigentum an Grund und Boden oder am Besatz ist unerheblich. Ist für die Bewertung des Wirtschaftsteils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Liquidationswert maßgebend, kann ausnahmsweise der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts geführt werden, wenn der festgestellte Wert das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt. Dies setzt aber regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. BFH, Urt. v. 16.11.2022 - II R 39/20 Zu Leitsatz 1: Nach § 158 Abs. 1 Satz 1 BewG ist Land- und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse. Diese Vorschrift knüpft an eine bestimmte Nutzung des Bodens, aber nicht an das Eigentum am Boden an. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 01.03.2023

Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Steuerpflicht

Der EuGH hat mit Urteil vom 21.12.2021 (C-394/20) entschieden, dass die Nichtabzugsfähigkeit von Pflichtteilsverbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten in Fällen der beschränkten Steuerpflicht nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Es liegt eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor. Nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG ist die Abzugsfähigkeit der Schulden und Lasten vom wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem erworbenen Inlandsvermögen abhängig. Bei Pflichtteilsverbindlichkeiten besteht kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen (BFH, Urt. v. 22.07.2015 - II R 12/14, BStBl II 2016, 230), so dass sie in Fällen der beschränkten Steuerpflicht nicht abzugsfähig sind. Bei unbeschränkter Steuerpflicht sind Pflichtteilsverbindlichkeiten unabhängig von einem wirtschaftlichen Zusammenhang vorbehaltlich einer eventuellen Abzugsbeschränkung nach § 10 Abs. 6 Satz 5 ff. ErbStG abzugsfähig. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 22.02.2023

Berücksichtigung von Abfindungszahlungen im Scheidungsfall

Mit Urteil vom 01.09.2021 (II R 40/19) hat der BFH entschieden, dass keine freigebige Zuwendung vorliegt, wenn zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"). Eine solche Bedarfsabfindung sieht der BFH als gegeben an, wenn Ehegatten zu Beginn ihrer Ehe einen indexierten Zahlungsanspruch für den Fall einer Scheidung vereinbaren und dieser bei Bestand der Ehe von einer bestimmten Laufzeit (z.B. 15 Jahren) in einer bestimmten Höhe besteht. Das gilt auch, wenn zudem vereinbart ist, dass sich der Zahlungsanspruch bei einer Ehescheidung vor Ablauf der Frist pro rata temporis vermindert. Seine Entscheidung hat der BFH maßgeblich damit begründet, dass im Fall einer solchen Bedarfsabfindung keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht würde. Werde ein [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 08.02.2023

Berechnung des Ablösungsbetrags nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. kann die gestundete Steuer auf Antrag des Erwerbers jederzeit mit ihrem Barwert nach § 12 Abs. 3 BewG abgelöst werden. Zur Berechnung der Laufzeit ist von der durchschnittlichen Lebenserwartung der betreffenden Person auszugehen, die sich aus der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts ergibt; der Erhebungszeitraum liegt zeitlich vor dem Bewertungsstichtag. Ergänzend zu den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 20.09.2021 (BStBl I 2021, 1834) wird mit diesem Erlass die Sterbetafel 2019/2021 mit den jeweiligen Vervielfältigern bekanntgegeben. Dieser Erlass ist auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen von Ablösungsbeträgen ab dem Bewertungsstichtag 01.01.2022 anzuwenden. Eine Korrektur bestandskräftiger Ablösungsbescheide erfolgt nicht. Steht ein Ablösungsbescheid unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass der nach § 25 ErbStG gestundete Steuerbetrag ermäßigt oder erhöht wird, ist [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 01.02.2023

Erbschaftsteuer: Anwendung des DBA USA-ERB 2000

NV: Auf den nicht haushaltsangehörigen Erwerber ist Art. 4 Abs. 3 DBA USA-ERB 2000 auch dann nicht anwendbar, wenn Deutschland sein Besteuerungsrecht nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b DBA USA-ERB 2000 auf den Wohnsitz des Erwerbers stützt. BFH, Beschl. v. 20.09.2022 - II B 2/22, NV Die Klägerin ist Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika (USA), ohne zugleich deutsche Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) zu sein. Sie hat seit dem 15.09.2011 einen Wohnsitz in Deutschland. Mit dem Tod ihrer am 14.02.2015 verstorbenen Tante, die ebenfalls die Staatsangehörigkeit der USA besaß und dort wohnhaft war, erwarb die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung einer Todesfallleistung aus einem Altersvorsorgeplan. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nach Auffassung des FG ist die persönliche Steuerpflicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG nicht durch das DBA USA-ERB 2000 [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 25.01.2023

Erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht

Die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Die Regelung bewirkt auch keinen Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit. BFH, Urt. v. 12.10.2022 - II R 5/20 Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG, wenn der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall ein (unbeschränkte Steuerpflicht). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG gelten als Inländer auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben. Der Kläger erwarb von seiner Mutter mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom xx.12.2011 ein in der Schweiz belegenes Grundstück gegen Bestellung eines hinter dem Wert des Grundstücks zurückbleibenden sog. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 25.01.2023

Umwandlungsvorgänge: Folgen für Verwaltungsvermögen und Finanzmittel

Der vorliegende Ländererlass nimmt umfassend zu folgenden Punkten Stellung: Entstehen jungen Verwaltungsvermögens durch Umwandlungsvorgänge Die Verwaltungsvermögenseigenschaft eines Wirtschaftsguts ist im Besteuerungszeitpunkt zu prüfen. Durch Umwandlungsvorgänge kann sich die Verwaltungsvermögenseigenschaft eines Wirtschaftsguts ändern (z.B. Überschreiten der Beteiligungsgrenze bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG). Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war, ist junges Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). Bei Umwandlungsvorgängen kann sich für einzelne Wirtschaftsgüter ein Rechtsträgerwechsel ergeben, der Auswirkungen auf die Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen haben kann. Für die Beurteilung, ob junges Verwaltungsvermögen zugeführt wurde, ist eine betriebsbezogene Sichtweise erforderlich. Im Hinblick [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 21.12.2022

Grundstückswertermittlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises

Bei der Bewertung eines Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise heranzuziehen. Liegen keine vom Gutachterausschuss ermittelten Vergleichspreise vor, kann sich der Vergleichspreis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben. BFH, Urt. v. 24.08.2022 - II R 14/20 Die Bewertung des Grundvermögens vollzieht sich im typisierten Verfahren und erlaubt nur zugunsten des Steuerpflichtigen den unmittelbaren Rückgriff auf den gemeinen Wert im Rahmen von § 198 BewG. Soweit der gemeine Wert des Grundvermögens zu ermitteln ist, geschieht das grundsätzlich anhand der typisierenden Bewertungsregeln in §§ 179 und 182 bis 196 BewG. Die Bewertungsmethode für bebaute Grundstücke (§ 180 BewG) ist von der Grundstücksart (§ 181 Abs. 1 BewG) abhängig. Nach § 182 Abs. 2 [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 14.12.2022

Unentgeltliche Übertragung einer Kapitallebensversicherung unter Nießbrauchsvorbehalt

Überträgt ein Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag im Wege der Vertragsübernahme auf den Bedachten, ist Zuwendungsgegenstand die Versicherung selbst. Ein unbedingt vereinbarter Nießbrauchsvorbehalt ist erwerbsmindernd zu berücksichtigen, wobei die Bewertung des Kapitalwerts des Nießbrauchs nach §§ 13 ff. BewG i.V.m. der Anlage 9a zum BewG erfolgt. FG Münster, Urt. v. 23.06.2022 - 3 K 606/21 Erb, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 27/22) Die Mutter M des Beschenkten (Kläger) schloss als Versicherungsnehmerin eine jederzeit kündbare Kapitallebensversicherung mit einer Laufzeit von 49 Jahren ab. Versicherte Person war der Kläger. Die einmalige Beitragszahlung zu Beginn der Vertragslaufzeit wurde von M erbracht. Am Stichtag, also am Tag der Genehmigung der Vertragsübernahme durch den Versicherer, übertrug M dem Kläger den Kapitallebensversicherungsvertrag unentgeltlich durch Vertragsübernahme. Der Versicherer stimmte dem zu. M behielt sich "den Nießbrauch an [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 23.11.2022

Abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer

Die auf den Nachlassanteil eines Miterben bei strikter Anwendung des Stichtagsprinzips entfallende Erbschaftsteuer kann aufgrund tatsächlich fehlender Bereicherung durch den Erwerb von Todes wegen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie im Wege der abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen auf 0 € herabzusetzen sein, wenn dieser erst nach langjährigem Streit zwischen anderen Erbprätendenten, die sich zwischenzeitlich Zugriff auf den Nachlass verschaffen konnten, mit hinreichender Zuverlässigkeit und Gewissheit Kenntnis von seinem unangefochtenen Erbschaftserwerb erlangt, aber infolge der Mittellosigkeit dieser Erbprätendenten keine Vermögenswerte aus dem Nachlass mehr erlangen kann. Das Unterlassen des Hinwirkens auf Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses durch das ggf. insoweit zu einem Tätigwerden von Amts wegen verpflichteten Nachlassgericht schließt eine solche abweichende Festsetzung nicht aus. FG Düsseldorf, Urt. v. 30.06.2021 - 4 K [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Änderung eines Erbschaftsteuerbescheids

Die Änderung eines Erbschaftsteuerbescheids nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 ErbStG setzt voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt sind. Ein Verwaltungsakt ist nur dann ausnahmsweise nichtig, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, ihn als verbindlich anzuerkennen. FG München, Urt. v. 16.02.2022 - 4 K 1100/21, rkr. Die Klägerin ist eine inländische gemeinnützige Stiftung. Sie wurde aufgrund notariellen Erbvertrags Alleinerbin der 21.11.2017 verstorbenen X. Zuvor hatte X am 09.03.2016 ihren Ehemann Y als Alleinerbin beerbt. Aufgrund der Erbschaftsteuererklärung von X setzte das Finanzamt am 23.08.2017 Erbschaftsteuer i.H.v. 468.635 € fest. Der Bescheid wurde zum 27.03.2019 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer von 458.090 € gegen die Klägerin fest. Gegen keinen der [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre

Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre unterliegen nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer, da die Leistungen insoweit nicht freigebig erfolgen. Satzungsmäßige Leistungen inländischer Familienstiftungen unterliegen ebenfalls nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Leistungen von ausländischen Stiftungen an inländische Destinatäre sind nur dann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar, wenn sie eindeutig gegen den Satzungszweck verstoßen. Die Feststellungslast für diejenigen Umstände, die zu einer eindeutigen Überschreitung des Satzungszwecks führen, liegt beim Finanzamt. Ob bzw. inwieweit eine Leistung als satzungswidrig anzusehen ist, ist regelmäßig anhand der Stiftungssatzung im Allgemeinen sowie anhand des jeweiligen Ausschüttungsbeschlusses der verantwortlichen Stiftungsorgane zu beurteilen. Dabei ist ein den Stiftungsorganen gesetzlich oder satzungsmäßig zugebilligter Beurteilungs- und [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Steuerbefreiung für historischen Grundbesitz

Grundbesitz wird in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang dem Zweck der Volksbildung nutzbar gemacht i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG, wenn er zumindest zeitweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, indem zumindest zeitweise der Zugang zu privaten Räumen einer interessierten Öffentlichkeit ermöglicht wird. Die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG ist nur dann zu gewähren, wenn eine gewisse Zeitnähe zwischen dem Erwerbszeitpunkt - in der Regel dem Besteuerungsstichtag - und dem Zeitpunkt der Nutzbarmachung zu Zwecken der Forschung oder der Volksbildung besteht. Hierbei ist einerseits eine Nutzbarmachung des Objekts nicht bereits innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis des Erwerbs erforderlich, andererseits reicht eine Nutzbarmachung erst nach zehn Jahren nicht aus. Der Maßstab für eine solche Zeitnähe ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls. FG Münster, Urt. v. 19.08.2022 - 3 K 2935/20 Erb, vorl. n. rkr. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden

Dieser Erlass regelt umfassend die Wertermittlung von nach § 12 Abs. 1 bis 3 BewG zu bewertenden Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von nach §§ 13 ff. BewG zu bewertenden wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2009 für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Er ersetzt den Erlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erlasse v. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 28.10.2022

Erklärung zur optionalen Vollverschonung von Betriebsvermögen

Der bis zum 30.06.2016 für die Gewährung der Vollverschonung von Betriebsvermögen maßgebende Anteil des Verwaltungsvermögens ist auch bei mehreren gleichzeitig übertragenen wirtschaftlichen Einheiten für jede Einheit gesondert zu ermitteln. Bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden. Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren. BFH, Urt. v. 26.07.2022 - II R 25/20 Die Klägerin erhielt von ihrer Mutter am 31.12.2010 schenkweise Beteiligungen an vier KGs übertragen (KG1, KG2, KG3 und KG4). Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer in Höhe von 175.332 € fest. Dabei wurde für alle erworbenen KG-Beteiligungen die Regelverschonung des § 13a [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 28.09.2022

Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer ausländischen Familienstiftung

Hat eine im Ausland rechtsfähige Familienstiftung ihre Geschäftsleitung im Inland, so unterliegt sie der Erbschaftsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. FG Niedersachsen, Urt. v. 29.06.2022 - 3 K 87/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 30/22) Die Klägerin ist eine Familienstiftung nach schweizerischem Recht mit Sitz in der Schweiz. Der Stiftungsrat war in Deutschland ansässig. Ihr Zweck ist die Bestreitung von Kosten der Erziehung, Ausstattung, Unterstützung oder ähnlicher Bedürfnisse von Abkömmlingen der Stifterin. Zwischen den Abkömmlingen der Stifterin kam es zum Streit. Aufgrund eines Gerichtsurteils wurde die Stiftung ex tunc für nichtig erklärt. Das Urteil wurde allerdings nicht rechtskräftig. Die Klägerin unterliegt nach eigener Meinung in Deutschland nicht der Ersatzerbschaftsteuer. Das Finanzamt war aber anderer Meinung. Die Klage vor dem FG Niedersachsen war unbegründet. Eine Stiftung unterliegt der Erbschaftsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, wenn [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 21.09.2022

Lauf der Festsetzungsfrist bei Erbeinsetzung

NV: Ein durch letztwillige Verfügung eingesetzter Erbe erlangt Kenntnis von dem Erwerb, wenn er zuverlässig erfahren und somit Gewissheit erlangt hat, dass der Erblasser ihn durch eine wirksame letztwillige Verfügung zum Erben eingesetzt hat. Dies ist in der Regel mit Eröffnung des Testaments der Fall. NV: Wird durch gerichtliche Entscheidung die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung festgestellt, hat spätestens mit diesem Zeitpunkt der darin ausgewiesene Erbe sichere Kenntnis von seiner Einsetzung. Ob die Gerichtsentscheidung mit Rechtsmitteln anfechtbar ist oder tatsächlich angefochten wird, ist für die Kenntnis i.S.d. § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO unerheblich. BFH, Urt. v. 27.04.2022 - II R 17/20 Nach § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO beginnt für die Erbschaftsteuer die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 oder Abs. 2 AO bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat (Anlaufhemmung für die [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 21.09.2022

Erbschaftsteuerfreibetrag für Urenkel

Urenkel haben auch bei Vorversterben beider vorangegangener Generationen keinen Anspruch auf einen höheren als den in § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehenen Freibetrag. FG Niedersachsen, Urt. v. 28.02.2022 - 3 K 210/21, vorl. n. rkr. Die Klägerin ist die Stiefurenkelin der Erblasserin. Sie wurde aufgrund Testaments zu einem Drittel Miterbin. Die Generationen zwischen Erblasserin und Klägerin waren verstorben. Das Finanzamt berücksichtigte einen Freibetrag von 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Die Klägerin machte aber einen höheren Freibetrag von 200.000 € geltend, da die Vorgenerationen verstorben waren. Die Klage vor dem FG Niedersachsen hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt hat zu Recht den Freibetrag i.H.v. 100.000 € berücksichtigt. Der Gesetzgeber unterscheidet nach Kindern und Abkömmlingen. Nach § 16 Abs. 1 ErbStG sind mit dem Begriff "Kinder" nicht die Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge gemeint. Dies wird auch durch die Formulierung "Kinder der Kinder" [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 14.09.2022

Ausnahme von der Nutzungsüberlassung an Dritte

Die Regelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG, wonach Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke ausnahmsweise nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, ist nicht nur auf Erbfälle, sondern auch auf Schenkungen als vorweggenommene Erbfolge anwendbar. In beiden Varianten ist aber erforderlich, dass im Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrags eine Erbeinsetzung erfolgt. Allein die Absicht, den Pächter als Erben einzusetzen, reicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG nicht aus. FG München, Urt. v. 20.04.2022 - 4 K 361/20, rkr. Der Kläger war der Neffe des verstorbenen Ehemanns von Frau X. Er hatte von Frau X am 28.10.2007 eine Werkstatt gepachtet. Mit Vertrag vom 09.08.2017 übertrug X u.a. die Werkstatt an den Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 16.05.2019 den Grundbesitzwert auf den 01.09.2017 und Verwaltungsvermögen fest. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 07.09.2022

Zugewinnausgleich als Nachlassverbindlichkeit

Der vor dem Tod des Erblassers durch Vereinbarung der Gütertrennung entstandene und fällig gewordene Zugewinnausgleichsanspruch ist als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, sofern im Todeszeitpunkt damit zu rechnen ist, dass der Anspruch auch geltend gemacht wird. FG Münster, Urt. v. 24.02.2022 - 3 K 1298/21 Erb, vorl. n. rkr. Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau die Zugewinngemeinschaft im Jahr 2012 beendet und sollte an sie einen Zugewinnausgleich zahlen. Im selben Monat schlossen sie ein gemeinsames Testament, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten. Die Tochter, die in einem Betreuungsheim lebte und unter rechtlicher Betreuung stand, sollte am Nachlass des Erstversterbenden mit einer Quote von 60 % der gesetzlichen Erbquote beteiligt werden. Die Klägerin machte den Zugewinnausgleichanspruch zu Lebzeiten des Ehemanns nicht geltend. Nach dem Tod des Erblassers wurden bei der Berechnung des Anteils von der Tochter die Schulden des Erblassers, insbesondere der [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 31.08.2022

Erbschaftsteuerbefreiung bei verzögertem Einzug in ein Familienheim

NV: Führt der Erwerber Räumungs- und Renovierungsarbeiten vor dem Bezug eines erworbenen Familienheims durch, muss er diese zeitlich so fördern, wie es seinen persönlichen Möglichkeiten entspricht. Was dem Erwerber diesbezüglich zumutbar ist, haben die Finanzbehörde bzw. das FG im Rahmen einer Würdigung des Einzelfalls zu entscheiden (Bestätigung BFH, Urt. v. 06.05.2021 - II R 46/19, BFHE 273, 554). BFH, Urt. v. 16.03.2022 - II R 6/21, NV Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück i.S.d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG durch Kinder i.S.d. Steuerklasse I Nr. 2, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim), und [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 31.08.2022

Antrag auf Optionsverschonung

Die Erklärung gem. § 13a Abs. 8 ErbStG zur Wahl der Optionsverschonung kann grundsätzlich so lange abgegeben werden, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist auch zulässig, wenn und soweit ein Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. FG Münster, Urt. v. 27.10.2021 - 3 K 2817/20 Erb, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 44/21) Der Kläger erhielt mit notariellem Vertrag vom 21.03.2013 Beteiligungen an mehreren KGs geschenkt. In der Schenkungsteuererklärung wurde kein Antrag nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. gestellt. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 20.04.2016 die Schenkungsteuer fest und gewährte die Regelverschonung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. Der Bescheid erging in vollem Umfang vorläufig. Im Jahr 2018 und 2019 ergingen erstmalig Feststellungsbescheide. Das Finanzamt änderte daraufhin am 13.11.2019 den Schenkungsteuerbescheid. Der [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 24.08.2022

Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer auf die deutsche Schenkungsteuer

Die auf eine in den letzten fünf Jahren vor dem Tod des Erblassers erfolgte Schenkung festgesetzte und gezahlte schweizerische Erbschaftsteuer, mit der die Vorschenkung bei der Ermittlung der erbschaftsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage als Hinzurechnungsposition erfasst worden ist, ist auf die in Deutschland für den identischen Lebenssachverhalt festgesetzte Schenkungsteuer anzurechnen. Die Entsprechungsklausel in § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist dahin auszulegen, dass die unterschiedliche rechtliche Einordnung als Schenkungsvorgang bzw. Erbschaft nach dem Sinn und Zweck des § 21 ErbStG der Anrechnung der ausländischen Steuer dann nicht entgegensteht, wenn sich die Besteuerung in beiden Staaten sich auf den gleichen Steuergegenstand bezieht. FG Düsseldorf, Urt. v. 04.05.2022 - 4 K 2501/21 Erb, Rev. zugelassen Die Klägerin arbeitet in der Schweiz und hat sowohl Wohnsitze in Luzern als auch in Deutschland. Im Januar 2021 erhielt sie von einem in Luzern wohnhaften Schenker eine [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 10.08.2022

Beendigung der Selbstnutzung eines Familienheims

Der Erwerber eines erbschaftsteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unzumutbar machen. BFH, Urt. v. 01.12.2021 - II R 1/21 Die Klägerin beerbte ihren im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann zur Hälfte. Zur Erbschaft gehörte auch das hälftige Miteigentum an dem bislang von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus. Ende 2018 veräußerte die Klägerin das Einfamilienhaus und zog im Jahr 2019 in eine zuvor erworbene Eigentumswohnung um. Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und versagte die Steuerbefreiung für das Familienheim. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass sie nach [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 10.08.2022

Freibetrag bei Erbverzicht

Die durch einen Erbverzicht ausgelöste Vorversterbensfiktion gem. § 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB führt nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. FG Niedersachsen, Urt. v. 28.02.2022 - 3 K 176/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 13/22) Aufgrund des Testaments erbte der Kläger von seinem Großvater 1/4. Daneben erbten die Schwester des Klägers sowie der Onkel mit seinen Töchtern. Der Großvater und der Vater des Klägers hatten einen Erbverzichtsvertrag geschlossen. Der Kläger begehrte einen Freibetrag von 400.000 €. Aufgrund des Erbverzichts sei er als Kind eines verstorbenen Kindes einzuordnen (Vorsterbefiktion nach § 2346 BGB). Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur 200.000 €, da die Voraussetzung "Kinder verstorbener Kinder" nicht gegeben war. Der Vater des Klägers war tatsächlich nicht vorverstorben. Die Klage vor dem FG Niedersachsen hatte keinen Erfolg. Der Kläger ist der Enkel des Erblassers. Er unterliegt somit nach § 15 [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 03.08.2022

Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG

Dass die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG grundsätzlich nur für inländische Gebietskörperschaften, nicht aber für ausländische Gebietskörperschaften gilt, es sei denn, es ist in Doppelbesteuerungsabkommen oder anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen etwas anderes geregelt, verstößt nicht gegen Unionsrecht. Eine Bevorzugung inländischer gegenüber ausländischen Gemeinden ist eine aus Gründen des Gemeinwohls erlaubte Ungleichbehandlung. FG München, Urt. v. 16.02.2022 - 4 K 249/21, NZB (Az. beim BFH: II B 25/22) Die Klägerin ist eine österreichische Gemeinde. Sie ist hälftiger Miterbe nach der verstorbenen Frau E. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG zu berücksichtigen ist. Das Finanzamt folgte dem nicht und setzte die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 22.07.2020 fest. Der eingelegte Einspruch wurde abgewiesen. Die Klage vor dem FG München war unbegründet. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG sind [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.07.2022

Nachweislast für den gemeinen Wert von Grundbesitz

NV: Macht der Steuerpflichtige geltend, der gemeine Wert von Grundvermögen sei niedriger als der typisierte Wert, obliegt es ihm nach § 198 BewG, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. NV: Das FG ist nicht verpflichtet, ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung des Grundbesitzwerts einzuholen. BFH, Urt. v. 17.11.2021 - II R 26/20, NV Bei der Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist grundsätzlich der gemeine Wert zugrunde zu legen (§ 177 BewG). Ungeachtet dessen unterliegt das Bewertungsrecht einer starken Typisierung, die im Einzelfall dazu führen kann, dass ein viel höherer Wert als der gemeine Wert festzustellen ist. Dies nimmt das Bewertungsrecht in Kauf. Einer Überbewertung von Grundvermögen kann der Steuerpflichtige entgegentreten, indem er nachweist, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, denn dann ist dieser Wert [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.07.2022

Schenkungsteuer bei Übertragung einer Leibrente

Tritt der Beschenkte bei einer schenkweisen Übertragung einer Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod als Vertragspartner in den Versicherungsvertrag ein, hat er die Gläubigerstellung bezüglich des Anspruchs auf ein Kapitalentnahmerecht und Rentenzahlungen erworben. Weder ein vom Beschenkten allein gegenüber dem Schenker erklärter Verzicht auf das Recht zur Kapitalentnahme noch vertraglich vereinbarte Widerrufs-/Rückübertragungsrechte stehen der Besteuerung einer freigebigen Zuwendung entgegen. Die Zuwendung der Rechte und Pflichten aus einer Leibrentenversicherung unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs an einer monatlich ausgezahlten Rentenleistung steht dem Übergang des Anspruchs auf diese Rentenzahlungen auf den Beschenkten nicht entgegen. FG Münster, Urt. v. 27.10.2021 - 3 K 799/20 Erb, rkr. Die Klägerin, geboren 1926, schloss 2018 eine Leibrentenversicherung mit sofort beginnender [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.07.2022

Beendigung der Selbstnutzung eines geerbten Familienheims

Der Erwerber eines erbschaftsteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich machen. BFH, Urt. v. 01.12.2021 - II R 18/20 Die Klägerin hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Klägerin machte gegenüber dem Finanzamt und dem FG erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das FG war der Ansicht, das sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Klägerin [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.07.2022

Bewertung von Unternehmensanteilen

Werden einem bereits bisher an einer KG beteiligten Steuerpflichtigen weitere Kommanditanteile unentgeltlich zugewendet, kann deren gemeiner Wert nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus der erst 14 Monate nach der Schenkung erfolgten Weiterveräußerung aller Kommanditanteile an einen fremden Dritten abgeleitet werden. Der gemeine Wert der Kommanditanteile kann auch nicht aus letztendlich gescheiterten, zeitlich kurz vor der streitigen Anteilsschenkung liegenden Verkaufsverhandlungen mit fremden Dritten abgeleitet werden. Gemäß § 12 Abs. 5 ErbStG ist inländisches Betriebsvermögen, für das ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen. Aus diesem Grund sind bei der Bewertung grundsätzlich nur Ereignisse zu berücksichtigen, die bis zum Bewertungsstichtag eingetreten sind. FG München, Urt. v. 26.01.2022 - 4 K 1283/20, rkr. Der Kläger (93 %) und Frau M (7 %) waren Kommanditisten [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 22.06.2022

Stundung der Erbschaftsteuer

Ein die Stundung ablehnender Verwaltungsakt erledigt sich nicht durch die (teilweise) Tilgung der Steuerschuld, deren Stundung begehrt wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob der Steuerpflichtige die auf den Erwerb einer Wohnung entfallende Erbschaftsteuer nur durch deren Veräußerung aufbringen kann, ist nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit der Erbschaftsteuer, sondern der Zeitpunkt der Steuerentstehung. FG München, Urt. v. 26.01.2022 - 4 K 308/20, rkr. Der Kläger ist neben X Miterbe. Die Erbmasse bestand u.a. aus einer Wohnung und einem Bankguthaben. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte zinslose Stundung der Steuer. Das Finanzamt lehnte die Stundung mit Schreiben vom 09.09.2019 ab. Der Kläger legte am 02.10.2019 Einspruch dagegen ein. Das Finanzamt wies diesen am 10.01.2020 als unbegründet zurück. Die Klage vor dem FG München war unbegründet. Die Erbschaftsteuer ist nach § 28 Abs. 3 Satz 1 ErbStG [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 08.06.2022

Freibeträge bei Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften

Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu. Der Nacherbe muss in seinem Antrag angeben, welches Verhältnis zu welchem ursprünglichen Erblasser der Versteuerung zugrunde gelegt werden soll. Danach richten sich der Freibetrag und die Steuerklasse für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen. BFH, Urt. v. 01.12.2021 - II R 1/20 Nach § 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG stehen dem Nacherben bei entsprechender Antragstellung zwar zwei Freibeträge i.S.v. § 16 ErbStG zu, zum einen für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen, zum anderen für das eigene Vermögen des Vorerben. Diese befinden sich jedoch in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander. Die Deckelung des für das Vermögen des Vorerben geltenden Freibetrags auf den noch nicht für die Nacherbschaft verbrauchten Freibetrag bewirkt, dass der Nacherbe für [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.05.2022

Abfindung für den Verzicht auf eine behauptete Erbenstellung

NV: Abfindungen für den Verzicht auf eine behauptete Erbenstellung werden von § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG i.d.F. des StUmgBG erfasst, wenn der Verzicht nach dem 24.06.2017 erklärt wird. BFH, Beschl. v. 01.12.2021 - II B 34/21, NV Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG i.d.F. des StUmgBG gilt als vom Erblasser zugewendet u.a., was als Abfindung dafür gewährt wird, dass eine Rechtsstellung, insbesondere eine Erbenstellung oder ein Recht oder ein Anspruch, die zu einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des StUmgBG führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht wird. Diese Regelung wurde als weitere Alternative in § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG eingefügt, nachdem bis dahin lediglich Abfindungen für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder eines Vermächtnisses oder für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag des Erblassers zugunsten Dritter auf den Todesfall oder anstelle [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 27.04.2022

Kosten für ein Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten

Zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG können auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören, wenn die erste Grabstätte nur als vorübergehende Ruhestätte des Verstorbenen bestimmt war. Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört. BFH, Urt. v. 01.09.2021 - II R 8/20 Im Streitfall hatte der Erbe, nachdem sein verstorbener Bruder in einem herkömmlichen Grab bestattet worden war, ein aufwendiges Mausoleum als zweite Grabstätte in Auftrag gegeben und die Kosten hierfür in seiner Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht. Das Finanzamt und das FG lehnten den Abzug ab. Der BFH wies die Sache mit folgenden Erwägungen an das FG zurück. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass zu den Kosten für ein angemessenes [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 27.04.2022

Wohnsitzbegriff bei Bediensteten der Europäischen Union

Die in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vorgesehene Wohnsitzfiktion setzt voraus, dass die Verlegung des tatsächlichen Wohnsitzes aus einem Mitgliedstaat der Union in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der Union allein im Zeitpunkt des Dienstantritts ausschließlich zur Ausübung der Amtstätigkeit im Dienst der Union erfolgt. Eine Veränderung der Motivation für die Wohnsitznahme ist hierauf ohne Auswirkung, solange der Beamte oder sonstige Bedienstete im Dienst der Union beschäftigt bleibt und der neue Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Union einen räumlichen Bezug zu seiner Tätigkeitsstätte hat. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.09.2021 - 4 K 1762/19, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 38/21) Der Kläger war österreichischer Staatsbürger. Seit 01.10.1995 war er Bediensteter der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Vorher hatte er in Österreich gelebt. Im Jahr 2010 heiratete er. Der eheliche [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.04.2022

Nichtberücksichtigung einer nach dem Erbfall entstandenen Vorfälligkeitsentschädigung

Wird eine vom Erblasser einem Dritten eingeräumte Kaufoption für ein Erbbaurecht nach Eintritt des Erbfalls mit der Rechtsfolge ausgeübt, dass aufgrund der Ablösung einer das Erbbaurecht belastenden Grundschuld vom Erben eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss, kann diese von der Optionsausübung abhängige und daher zum Besteuerungszeitpunkt weder rechtlich noch wirtschaftlich feststehende Belastung nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. FG Düsseldorf, Urt. v. 12.01.2022 - 4 K 374/21 Erb, Rev. zugelassen Der Kläger ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters, mit dem er im Verhältnis 20 zu 80 an zwei GbRs beteiligt war. Mit einem vor dem Erbfall geschlossenen Vertrag räumte die GbR der B-Bank das unwiderrufliche Recht ein, ein Erbbaurecht zu einem bestimmten Preis zu erwerben. Nach dem Erbfall und der Anwachsung des GbR-Vermögens an den Kläger übte die B-Bank die Option aus. Der Kläger und die B-Bank schlossen einen Kaufvertrag. Das Erbbaurecht [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.04.2022

Erbfall nach italienischem Recht

Erwirbt ein inländischer Erbe nach italienischem Erbrecht, entsteht inländische Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und nicht erst mit der nach italienischem Recht notwendigen Annahme der Erbschaft durch den Erben. BFH, Urt. v. 17.11.2021 - II R 39/19 Die Klägerin besitzt ausschließlich die italienische Staatsangehörigkeit. Am 24.08.2015 verstarb ihr Vater, ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Italien und dort belegenem Nachlass. Die Klägerin, die zu jenem Zeitpunkt noch in Deutschland lebte, war aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu 1/3 als Miterbin berufen. Sie informierte im November 2015 das Finanzamt über den Sachverhalt, aber auch darüber, dass sie die Erbschaft noch nicht angenommen habe, wie es das italienische Recht für einen Erwerb erfordere. Im September 2016 teilte die Klägerin mit, sie habe ihren Wohnsitz Anfang Juli 2016 in Deutschland aufgegeben und sei nach Italien verzogen. Danach habe sie in drei Teilakten in [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.04.2022

Vermögen eines anglo-amerikanischen Trusts als Nachlassvermögen des Errichters

Hat sich der Errichter einer ausländischen Vermögensmasse solche umfassenden Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber darüber nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen solches des Errichters. Die Ermittlung ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen. BFH, Urt. v. 25.06.2021 - II R 13/19 Das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung i.S.v. §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1, Nr. 9 Satz 1 ErbStG ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen und unterliegt schon deshalb nach inländischem Erbrecht unabhängig von dem ausländischen Personalstatut der Stiftung - nicht mehr der [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.04.2022

Erwerb durch Zwischenberechtigte eines anglo-amerikanischen Trusts

Zwischenberechtigter einer ausländischen Vermögensmasse i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 zweiter Halbsatz ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über dingliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche in Bezug auf Vermögen oder Erträge der Vermögensmasse verfügt. Die Ermittlung ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen. Bei Ausschüttungen aus einer ausländischen Vermögensmasse obliegt es dem Empfänger, die Tatsachen darzulegen und ggf. die erforderlichen Beweismittel dafür zu beschaffen, dass ihm nach Maßgabe des einschlägigen Rechts kein Anspruch auf die Ausschüttung zugestanden habe. BFH, Urt. v. 25.06.2021 - II R 31/19 Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 30.03.2022

Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims

Eine Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 bzw. Nr. 4c Satz 5 ErbStG). An einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert zu sein setzt voraus, dass objektiv zwingende Gründe dafür vorliegen (R E 13.4 Abs. 6 Satz 8 ErbStR). Ein objektiv zwingender Grund liegt beispielsweise vor, wenn ein Familienheim innerhalb des Zehnjahreszeitraums aufgrund höherer Gewalt (z.B. durch Hochwasser, Starkregen, Unwetter, Sturm, Brand, Explosion) zerstört und seine tatsächliche Selbstnutzung dadurch beendet wird. In diesen Fällen entfällt die Steuerbefreiung nicht rückwirkend. Der Erwerber ist nicht zum Wiederaufbau des Familienheims verpflichtet, da [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 02.03.2022

Erwerb der Todesfallleistung durch Schenkung unter Lebenden

Bei der Übertragung einer Versicherungsnehmerstellung und Auszahlung der Todesfallleistung bei einer Rentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung handelt es sich um eine Schenkung unter Lebenden gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die allerdings bezüglich des Zuwendungsgegenstands Todesfallleistung und bezüglich des dafür maßgeblichen Steuerentstehungszeitpunkts an den Tod des Erblassers anknüpft. Eine Besteuerung erfolgt mit dem Eintritt der Bedingung, d.h. dem Tod des Erblassers. FG Münster, Urt. v. 27.10.2021 - 3 K 1409/20 Erb, vorl. n. rkr. M schloss im Dezember 2017 eine Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung ab. Danach verpflichtete sich die Versicherungsnehmerin zur Zahlung eine Einmalbetrags gegen eine laufende monatliche Rente. Im Todesfall sollte der Einmalbetrag abzgl. der gezahlten Renten zurückgezahlt werden. Bezugsberechtigte Person nach Tod der M war ihre Tochter, die Klägerin. Anschließend übertrug M der Klägerin [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 02.03.2022

Anwendung von Vorschriften des ErbStG nach dem Brexit

Mit Ablauf des durch das Austrittsabkommen festgelegten Übergangszeitraums ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) seit dem 31.01.2020 nicht mehr Mitgliedstaat der EU und ab dem 01.01.2021 auch nicht mehr wie ein solcher zu behandeln. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) ist gem. § 37 Abs. 17 ErbStG in Fällen mit Zeitpunkt der Steuerentstehung vor dem 01.01.2021 mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Vereinigte Königreich weiterhin als Mitgliedstaat der EU gilt. Für Erwerbe mit einer Steuerentstehung nach dem 31.12.2020 sind die für Drittstaaten geltenden Regelungen anzuwenden. Der vorliegende Erlass zeigt die Folgerungen im Einzelnen für die Behandlung von Erwerben mit einer Steuerentstehung vor dem 01.01.2021 und nach dem 01.12.2020 auf. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse v. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 23.02.2022

Ausführungszeitpunkt der Schenkung von Gesellschaftsanteilen

NV: Ist ein Anteil an einer Personengesellschaft Gegenstand einer Schenkung, ist der Vollzugszeitpunkt der Zeitpunkt des zivilrechtlich wirksamen Übergangs des Mitgliedschaftsrechts. NV: Eine gesonderte Wertfeststellung muss auf den Stichtag des Vollzugs der Schenkung erfolgen. BFH, Urt. v. 01.09.2021 - II R 8/19, NV Die Steuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Zeitpunkt der Ausführung ist grundsätzlich der Eintritt des Leistungserfolgs. Ist Gegenstand der Zuwendung ein Anteil an einer Personengesellschaft, ist der Vollzugszeitpunkt der Zeitpunkt des zivilrechtlich wirksamen Übergangs des Mitgliedschaftsrechts. Ob und ab wann der Beschenkte ertragsteuerrechtlich als Mitunternehmer anzusehen ist, ist für diese Frage unerheblich. Der nach ertragsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilende Übergang der Mitunternehmerstellung hat allein für die Steuervergünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 02.02.2022

Abfindungszahlung im Scheidungsfall - BFH eröffnet Gestaltungsmöglichkeit

Regeln zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"), liegt keine freigebige Zuwendung vor. BFH, Urt. v. 01.09.2021 - II R 40/19 Die Klägerin schloss anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann E im Jahr 1998 einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen (Vertrag Tz. III) und der nacheheliche Unterhalt begrenzt (Vertrag Tz. IV) wurde. Es wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart (Vertrag Tz. II.1). Der Klägerin wurde ein indexierter Zahlungsanspruch "im Falle der Scheidung" eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren x DM betragen; bei der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 26.01.2022

Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungsteuer

Die Bindungswirkung gesondert festgestellter Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungsteuer erstreckt sich im Fall von Nachschenkungen auch auf die Berücksichtigung der Werte im Rahmen von § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. FG Niedersachsen, Urt. v. 25.08.2021 - 3 K 112/19, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 35/21) Der Kläger erhielt im Jahr 2012 gemeinsam mit seinem Bruder mehrere Grundstücke vom Vater. Für diese ergingen Feststellungen der Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungsteuer mit einer Bewertung von 174.785 €, wovon die Hälfte auf den Kläger entfiel. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Im Jahr 2017 erhielt der Kläger von seinem Vater eine weitere Schenkung. Das Finanzamt erließ einen Schenkungsteuerbescheid und berücksichtigte die Vorschenkung der Grundstücke nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Nach Ansicht des Klägers waren die Bescheide für die Grundstücke keine Grundlagenbescheide für die Schenkungsteuer. Gegen die Bescheide wurde kein Einspruch [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 19.01.2022

Kein Abzug von Bestattungskosten bei einer Sterbegeldversicherung

Beerdigungskosten sind für den Erben nicht als Erbfallkosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig, wenn sie bereits zu Lebzeiten des Erblassers (hier: durch die Abtretung von Ansprüchen aus einer Sterbegeldversicherung an ein Bestattungsunternehmen) entrichtet wurden. FG Münster, Urt. v. 19.08.2021 - 3 K 1551/20 Erb, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 31/21) Der Kläger und seiner Schwester waren Erben der am 03.01.2019 verstorbenen Tante. Die Tante hatte eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht an das Bestattungshaus abgetreten. Dieses rechnete einen Teil der Leistungen mit der Sterbegeldversicherung ab, und die Erben zahlten den Rest in Höhe von 3.200 €. Der Kläger begehrte den Abzug von Erbanfallkosten, die die Erbfallkostenpauschale gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG überstieg. Der Kläger begehrte, die gesamte Rechnung des Bestattungsinstituts ohne Kürzung der Sterbegeldversicherung zu berücksichtigen. Die Klage vor dem FG [...]