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Thema der Woche vom 20.09.2023

Maßgeblicher Erwerbszeitpunkt für Zwecke des § 8b Abs. 4 KStG

Die Klägerin vor dem FG und Revisionsbeklagte vor dem BFH war eine GmbH, welche Aktionärin der Y-AG war. Das Grundkapital der Y-AG war in Stückaktien aufgeteilt. Da es sich um Namensaktien handelte, konnten diese nur mit Zustimmung der AG übertragen werden. 2013 hielt die GmbH von diesen Stückaktien zunächst 9,898 %. Im Dezember 2013 schloss die GmbH mit X, der Hauptaktionär der Y-AG war, einen Kauf- und Übertragungsvertrag über nicht verbriefte Stückaktien an der Y-AG. Die GmbH hob damit ihre Beteiligungsquote an der Y-AG auf 10,00425 % an. Der Kaufpreis wurde sofort fällig. Infolge von Überweisungsproblemen kam es jedoch erst nach dem 01.01.2014 zur vollständigen Überweisung des Kaufpreises an X. Im Rahmen des geschlossenen Vertrags trat X sämtliche Mitgliedschaftsrechte, die aus den verkauften Aktien erwuchsen, unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaupreiszahlung an die GmbH ab. Sowohl der auf die Aktien entfallende Gewinn des laufenden [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 20.09.2023

Ertragsteuerliche Behandlung der Wärmeabgabe aus einem Blockheizkraftwerk

Liefert eine Mitunternehmerschaft die Abwärme aus einem von ihr betriebenen Blockheizkraftwerk an einen Betrieb ihres Mitunternehmers zu fremdüblichen Konditionen, ist die Wärmelieferung ertragsteuerlich als gewinnrealisierender Geschäftsvorfall zu behandeln. Eine (teilweise) unentgeltliche Abgabe von Abwärme von einer Mitunternehmerschaft an den Betrieb eines ihrer Mitunternehmer fällt in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG mit der Folge der Buchwertfortführung im aufnehmenden Betrieb. Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG angeordnete Buchwertfortführung setzt ebenso wie die Annahme einer Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 EStG voraus, dass es an einer betrieblichen Veranlassung für die (teilweise) Unentgeltlichkeit der Wärmeabgabe fehlt. FG Niedersachsen, Urt. v. 15.12.2022 - 1 K 88/19 , rkr. Kurzfassung Die Kommanditisten der Klägerin waren A und die BC-KG. Im zweiten Wärmelieferungsvertrag verpflichtete sich die BC-KG, ganzjährig das benötigte Biogas [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 20.09.2023

Verfassungsmässigkeit des Anwendungsbefehls nach § 52 Abs. 10 S. 4 EStG

Gegen den in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG enthaltenen Anwendungsbefehl, welcher die Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.1998 regelt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da es sich nicht um eine echte Rückwirkung handelt. Der Gesetzgeber stellt mittels der neu eingefügten Sätze 5 bis 7 des § 5a Abs. 4 EStG sicher, dass die bestehende, über Jahrzehnte geübte Verwaltungspraxis, formal in Gesetzesform gegossen wird und für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.1998 anwendbar ist. FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.04.2022 - 5 K 46/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: IV R 12/22) Kurzfassung Die Klägerin hielt eine Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG (Schifffahrt), die ihr 2005 von ihrem Vater übertragen wurde. Ihr wurde auch der seit 1999 festgestellte Unterschiedsbetrag zugerechnet. Für 2012 wurde der Wechsel zur Tonnagebesteuerung beantragt und das Schiff veräußert. Die Feststellungserklärung für 2005 wurde Anfang [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 20.09.2023

Progressionsvorbehalt bei ausländischen Vermietungseinkünften

Erzielt eine ausschließlich in Polen ansässige Steuerpflichtige, die in Deutschland auf Antrag nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen einer fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht mit ihrem Ehemann zusammen veranlagt wird, Vermietungseinkünfte aus einer in Polen belegenen Immobilie, so ist insoweit der Anwendungsbereich des DBA Polen nicht eröffnet. Die Einkünfte sind nicht solche i.S.d. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Auf die Vermietungseinkünfte ist ein besonderer Steuersatz nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG anzuwenden. Die Ausnahmevorschrift des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG greift nicht. § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG erfasst nur "Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind" (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 13.12.2021 - 9 K 9061/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: I R 5/22) Kurzfassung Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Deutschland. Die Ehefrau war polnische [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 20.09.2023

Nachversteuerungspflichtiger Betrag nach § 34a EStG

Der gesondert festzustellende nachversteuerungspflichtige Betrag ist nicht um Anschaffungs- oder Herstellungskosten von investierten Wirtschaftsgütern zu mindern. Das für die Einkommensteuerveranlagung zuständige Finanzamt ist für die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrags auch dann zuständig, wenn für die Ermittlung der zugrunde liegenden Einkünfte ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) AO durchzuführen ist. FG Hessen, Urt. v. 19.10.2022 - 4 K 591/21 , NZB (Az. beim BFH: VIII B 16/23) Kurzfassung Der Kläger hatte seinen Wohnsitz in B. Er war Arzt und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Er betrieb Praxen in C-Innenstadt, zwei weiteren Stadtteilen von C und eine in B. Das Betriebsstättenfinanzamt stellte die Einkünfte gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO gesondert fest. In der Einkommensteuererklärung 2018 beantragte der Kläger, einen nicht entnommenen Gewinn nach § 34a EStG ermäßigt zu [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Umsatzsteuerliche Organschaft - wirtschaftliche Eingliederung

Die wirtschaftliche Eingliederung kann nicht nur aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen. BFH, Urt. v. 11.05.2023 - V R 28/20 Kurzfassung Strittig war, ob in den Streitjahren 2008 bis 2011 eine umsatzsteuerliche Organschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestand. Die Klägerin, eine GmbH, verwaltete in den Streitjahren verschiedene Wohn- und Gewerbeimmobilien. Ihr Alleingesellschafter führte gleichzeitig ein Einzelunternehmen, das ebenfalls den Erwerb von Immobilienvermögen zum Hauptzweck hatte. Die GmbH war Teil einer Unternehmensgruppe, wobei der Alleingesellschafter der Klägerin an mehreren Gesellschaften dieser Gruppe beteiligt war. Neben fremdvermieteten Objekten übernahm die Klägerin in den Streitjahren auch die Verwaltung von Immobilien, die im Eigentum ihres Alleingesellschafters standen und dort Privatvermögen darstellten. Diese [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Vorsteuerabzug aus Subunternehmerrechnungen

Die Steuerpflichtigen- bzw. Unternehmereigenschaft des Lieferers oder Dienstleistungserbringers gehört zu den materiellen Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug. Die Feststellungslast trägt insoweit der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer. Der vom BFH aufgestellte Grundsatz, dass Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer identisch sein müssen, gilt nach der Rechtsprechung des EuGH nicht uneingeschränkt. Steht bei einer sonstigen Leistung der Leistungserbringer nicht fest, wird sich regelmäßig auch nicht aus den Umständen ergeben, dass die Leistung von einem Unternehmer bzw. Steuerpflichtigen erbracht wurde. Leistender kann auch ein sog. Strohmann sein. FG Hamburg, Urt. v. 24.07.2023 - 5 K 80/21 Kurzfassung Im Urteilsfall stritten die Beteiligten über die Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs aus verschiedenen Subunternehmerrechnungen. Daher musste sich das FG ausführlich mit den Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug befassen. Das Gericht [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Umsatzsteuer und Bruchteilsgemeinschaft

Eine Bruchteilsgemeinschaft erbringt keine Leistungen gegen Entgelt als Unternehmer (Festhalten an BFH-Urt.v. 22.11.2018 - V R 65/17, BFHE 263, 90 und v. 07.05.2020 - V R 1/18, BFHE 270, 146). Über § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG i.d.F. von Art. 43 Abs. 6 i.V.m. Art. 16 Nr. 2 JStG 2022 war im Streitfall nicht zu entscheiden. BFH, Beschl. v. 28.08.2023 - V B 44/22 Kurzfassung Der Kläger, eine natürliche Person, war bis Oktober 2014 Alleineigentümer eines Grundstücks. Auf ihm befand sich ein Hotel, das der Sohn des Klägers errichtet und für diese Zwecke das Grundstück seines Vaters umsatzsteuerpflichtig durch Verzicht auf die Steuerbefreiung gepachtet hatte. Ebenfalls im Jahr 2014 übertrug der Kläger sein hälftiges Miteigentum auf seine Ehefrau, sodass beiden nun jeweils 50 % des Grundstückes zuzurechnen waren. Im Streitjahr 2015 veräußerten die Ehegatten ihre hälftigen Miteigentumsanteile durch gemeinsamen Vertrag, umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG an ihren Sohn. [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Übertragung von Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 BEHG...

Mit Wirkung zum 01.01.2023 wurde § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG in der Art und Weise neu gefasst, dass die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Fälle der Übertragung von Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) ausgeweitet wurde. Bei nach dem 31.12.2022 ausgeführten Übertragungen von Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 BEHG an Unternehmer ist nunmehr der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbs.UStG. Der UStAE wird in Abschnitt 13b.1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 entsprechend ergänzt. Die Übertragung von Gas- und Elektrizitätszertifikaten ist eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG. In seinem Schreiben hat das BMF Regelungen erlassen, die auf Umsätze aus der Übertragung von Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 BEHG anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2022 ausgeführt werden. Diese Anwendungsregelungen enthalten u.a. folgende Vorgaben: Schlussrechnung über nach [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Verfassungsmäßigkeit der Grundstückswertermittlung mittels gesetzlicher Liegenschaftszinssätze

NV: Die Untätigkeit des Gutachterausschusses bei der Ermittlung örtlicher Liegenschaftszinssätze führt nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit, da in diesem Fall die Bewertung und Besteuerung nach dem vom Gesetzgeber in § 188 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) festgelegten Zinssatz erfolgt. Der Steuerpflichtige hat zudem gemäß § 198 BewG die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. BFH, Beschl. v. 30.08.2023 - II B 35/22 , NV Kurzfassung Mit Wirkung zum 01.01.2018 erhielt der Kläger von seinem Vater den 25-prozentigen Miteigentumsanteil an einem ihm gehörenden, gemischt genutzten Grundstück übertragen. Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert durch Anwendung des Ertragswertverfahrens nach § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG fest. Dabei wandte es den Liegenschaftszinssatz nach § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG an, der vom Gutachterausschuss zwei Jahre zuvor festgestellt wurde. Mit Einspruch und Klage begehrte der Kläger die Anwendung der gesetzlichen [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 20.09.2023

Rechtsberatungskosten als Nachlassverbindlichkeiten

Verlangt ein Miterbe die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und beantragt er die Teilungsversteigerung der im Nachlass befindlichen Grundstücke, stellen die in der Folgezeit daraus resultierenden Kosten der Rechtsberatung und -vertretung in unmittelbarem Zusammenhang mit den Teilungsversteigerungsverfahren und der Beratung während der Erbauseinandersetzung unmittelbare Kosten der Nachlassverteilung i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG dar. Hierfür spielt es keine Rolle, ob der Erblasser nach § 2048 BGB Teilungsanordnungen verfügt hat, ob die Erbauseinandersetzung auf einer Vereinbarung beruht oder Ergebnis eines Rechtsstreits der Miterben ist. FG Köln, Urt. v. 09.02.2023 - 7 K 1362/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 10/23) Kurzfassung Der Kläger ist zusammen mit seinem Bruder Erbe seines Vaters. Nach dessen Tod zog sich der Kläger aus dem Leben zurück, so dass er kaum erreichbar war. Auch gesundheitlich war er beeinträchtigt. Anfangs hatte der Kläger keine [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 20.09.2023

Nicht ausreichende Bezugnahme auf eine Einspruchsentscheidung

NV: Hat das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung tatsächliches Vorbringen des Einspruchsführers zu einem im Rahmen der Klage wiederholten, selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsvorbringen übergangen, genügt das FG seiner Begründungspflicht nicht, wenn es lediglich auf die Einspruchsentscheidung Bezug nimmt (§ 105 Abs. 5 FGO). BFH, Beschl. v. 18.08.2023 - IX B 114/22, NV Kurzfassung Die Kläger, zwei Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, führten beim Finanzamt ein Einspruchsverfahren betreffend die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Aus ihrer Sicht hatte das Finanzamt bestimmte Besteuerungsmerkmale, die eine Einkunftserzielungsabsicht begründeten, außer Acht gelassen. Das Finanzamt widersprach der Auffassung der Kläger, erließ eine entsprechende Einspruchsentscheidung und verneinte darin die Einkunftserzielungsabsicht der KG. Das FG wies die Klage als unbegründet ab. In seiner Begründung verwies es ausschließlich auf die Einspruchsentscheidung des [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 20.09.2023

Offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO

Eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO liegt dann vor, wenn der Sachbearbeiter des Finanzamts bei der Dateneingabe zur Erzeugung eines Gewinnfeststellungsbescheids im Sachbereich 14 unter der Zeile: laufende Einkünfte nach § 15a EStG fehlerhaft den Wert 0 € eingibt, sofern er bei dem Eintrag keine rechtliche Prüfung des § 15a EStG vorgenommen hat. FG Münster, Urt. v. 14.06.2022 - 13 K 2495/20 F, vorl. n. rkr. Kurzfassung Die Klägerin ist eine KG. Der Gewinnfeststellungsbescheid für 2013 erging zunächst erklärungsgemäß. 2018 wurde eine Betriebsprüfung für die Jahre 2012 bis 2015 durchgeführt. Der Betriebsprüfer und die Klägerin waren sich über sämtliche Feststellungen einig. In allen Jahren gab es Gewinne, so dass es keine verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG gab. Am 29.04.2019 erliess das Finanzamt einen geänderten Bescheid für 2013. Abweichend vom Betriebsprüfungsbericht wurden als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Anwendung des § 15a EStG 0 € [...]
Sonstiges Aktuell vom 20.09.2023

Übertragung von Assets eines Investmentfonds i.S.d. Kapitels 2 des InvStG auf einen neuen Investmentfonds im Rahmen einer Abspaltun...

Anwendungsfragen zum InvStG in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung. BMF-Schreiben v. 24.08.2023 - IV C 1 - S 1980-1/19/10008 :029 Kurzfassung Das Kapitalanlagerecht zahlreicher Staaten lässt in bestimmten Situationen die Bildung sogenannter "Side Pockets" zu. Hinter dieser Bezeichnung steht die Übertragung nicht mehr handelbarer Vermögenswerte (illiquide Assets) von einem bestehenden auf einen neuen Investmentfonds. Alternativ kommt in Frage, die illiquiden Assets im bestehenden Fonds zu bewahren und liquide Assets auf einen neu zu gründenden Investmentfonds abzuspalten. Anleger erhalten infolge eines solchen Vorgangs - unter Beibehaltung ihrer Beteiligungsverhältnisse - Anteile am neuen Investmentfonds. Dabei sehen ausländische Kapitalanlagesetze eine anschließende Abwicklung des Investmentfonds vor, in dem die illiquiden Assets enthalten sind. Zu entsprechenden Vorgängen nimmt das BMF nun Stellung und ordnet sie unter dem deutschen Investmentsteuerrecht ein. Relevant [...]
Sonstiges Aktuell vom 20.09.2023

Übertragung eines Anteils als „einheitlicher Lebensvorgang“

Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist nach neuer BFH-Rechtsprechung auch auf Sachverhalte im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG anzuwenden. Eine Übertragung von Vermögen durch Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses ist als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als Schenkung oder freigebige Zuwendung an die Gesellschaft zu beurteilen. Es ist dabei nicht entscheidend, ob der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist oder ob die Kapitalgesellschaft gemeinnützige Ziele verfolgt. Ein Vorgang, nämlich die Schenkung der Gesellschaftsanteile einer grundbesitzenden Personengesellschaft, kann für die Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG nicht in zwei Sachverhalte aufgespalten werden. In dem Umfang, in dem die Anteile schenkweise übertragen werden, ist der "einheitliche Lebensvorgang" deshalb steuerfrei nach § 3 Nr. 2 GrStG. FG Nürnberg, Urt. v. 26.01.2023 - 4 K 1451/21, rkr. Kurzfassung Die Klägerin ist eine KG, an der X zu 100% beteiligt war. [...]
Sonstiges Aktuell vom 20.09.2023

Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht

NV: Leistungen an einen Dritten gehören zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, wenn sie gewährt werden, um das Grundstück in dem vereinbarten Zustand zu erwerben. Es ist nicht entscheidend, ob ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegt. BFH, Beschl. v. 30.08.2023 - II B 45/22 , NV Kurzfassung Strittig war die Höhe der Gegenleistung bei Übertragung und anschließender Weiterübertragung eines Grundstücks. 2013 übertrug eine Mutter (M) ihrem Sohn (S) ein in ihrem Alleineigentum stehendes Grundstück, wobei sie sich gleichzeitig ein lebenslanges Wohnrecht zurückbehielt. Zwischen den Parteien wurde außerdem ein Veräußerungsverbot vereinbart. M hatte das Recht, das veräußerte Grundstück von S zurückzufordern, wenn er diesen Grundbesitz ganz oder teilweise belastet oder veräußert. Um dieses Rückforderungsrecht abzusichern, wurde eine entsprechende Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Sieben Jahre später [...]
Steuertipp vom 20.09.2023

Kindergeld bei Praktikum, Volontariat und Trainee-Programm

Hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld gilt Folgendes: 1. Während eines Praktikums wird ein Kind für einen Beruf ausgebildet, sofern dadurch Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (vgl. BFH, Urt. v. 09.06.1999, VI R 16/99, BStBl II, 713) und es sich nicht lediglich um ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis handelt. Das Praktikum muss für das angestrebte Berufsziel förderlich sein ( BFH, Urt. v. 15.07.2003, VIII R 79/99, BStBl II, 843). Es ist nicht erforderlich, dass die Ausbildungsmaßnahme einem im BBiG geregelten fest umrissenen Bildungsgang entspricht, sie in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist oder auf ein deutsches Studium angerechnet wird. Ein vorgeschriebenes Praktikum ist als notwendige fachliche Voraussetzung oder Ergänzung der eigentlichen Ausbildung an einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte ohne weiteres anzuerkennen. [...]
Steuertipp vom 20.09.2023

Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft

Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil, für den der Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird, nach § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft eingebracht, die ihren Gewinn ebenfalls nach § 4 Abs.3 EStG ermittelt, ist nach der früheren Verwaltungsauffassung ein Wechsel zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs.1 EStG erforderlich (vgl. BMF-Schreiben v. 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, R 4.5 EStR 2012, H 4.5 Einbringungsgewinn EStH 2015). Der BFH hat jedoch mit Urteil vom 11.04.2013 - III R 32/12 - BStBl II 2014 II, 242 entschieden, dass bei der Realteilung einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung besteht, wenn die Buchwerte fortgeführt werden, und die Mitunternehmer unter Aufrechterhaltung der Gewinnermittlung durch [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 20.09.2023

Betriebsbedingte Kündigung in der Insolvenz - BAG zur Vermutungswirkung der Namensliste

Wird eine Betriebsänderung gem. § 111 BetrVG geplant und vereinbaren der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, so wird gem. § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung der in der Namensliste genannten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Voraussetzung für diese Vermutungswirkung ist, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden muss. Nur so ist dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich. Dies entschied das BAG am 17.08.2023. Der Kläger war seit 05.12.2011 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Am 01.03.2020 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der beklagte Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat am 27.3.2020 einen Interessenausgleich mit [...]
Thema der Woche vom 13.09.2023

Wachstum und erneuerbare Heizung gesetzlich verordnet

I. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) Vorbehaltlich der Zustimmung im Bundesrat gilt das GEG für alle Neubauten in Neubaugebieten mit Bauantrag ab dem 01.01.2024 und für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten ab frühestens 2026. Das bedeutet, ab Januar 2024 dürfen in Neubauten innerhalb von Neubaugebieten nur noch Heizungen installiert werden, die auf 65 % erneuerbaren Energien basieren. Für bestehende Gebäude und Neubauten, die in Baulücken errichtet werden, sind Übergangsfristen vorgesehen: In Großstädten werden klimafreundliche Energien beim Heizungswechsel spätestens nach dem 30.06.2026 Pflicht. In kleineren Städten ist der Stichtag der 30.06.2028. Gibt es in den Kommunen bereits vorab eine Entscheidung zur Gebietsausweisung, etwa für ein Wärmenetz, die einen kommunalen Wärmeplan berücksichtigt, können frühere Fristen greifen. Bestehende Heizungen können weiter genutzt werden, wobei Reparaturen weiterhin möglich sind. Das geplante Enddatum für die Nutzung [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 13.09.2023

Berufskleidung als Werbungskosten

Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar. Sie sind nur dann als Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen, wenn es sich um "typische Berufskleidung" nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG handelt, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann. BFH, Urt. v. 16.03.2022 - VIII R 33/18 Kurzfassung Der BFH bestätigte mit Urt. v. 16.03.2022 - VIII R 33/18, die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg und ließ einen Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen eines selbständigen Trauerredners für ausschließlich bei der Berufsausübung getragene normale bürgerliche schwarze Kleidung nicht zu. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abziehbar und nicht aufteilbar; selbst dann nicht, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen. Ein Abzug kommt u. a. auch [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 13.09.2023

Keine Kürzung von außergewöhnlichen Belastungen aufgrund einer steuerpflichtigen Ersatzleistung

Einkommensteuerpflichtige Ersatzleistungen führen nicht zu einer Kürzung der nach § 33 EStG abzugsfähigen Aufwendungen. BFH, Beschl. v. 15.06.2023 - VI R 33/20 Kurzfassung Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2017 ein tarifvertraglich geregeltes Sterbegeld, als ihre im öffentlichen Dienst beschäftigte Mutter verstarb. Während sie dieses nicht erklärte, machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung Bestattungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte das erhaltene Sterbegeld nach Abzug der Werbungskosten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Bestattungskosten ließ es nicht zum Abzg zu mit der Begründung, das Sterbegeld übersteige diese Kosten, wodurch es an einem Aufwand fehle. Im anschließenden Klageverfahren gab das FG der Klägerin überwiegend Recht. Es erkannte auf einen Ansatz der Bestattungskosten, wobei der Gesamtbetrag zunächst noch um den Versorgungsfreibetrag zu kürzen sei. Gegen diese Entscheidung wendete [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 13.09.2023

Ausschluss der Abgeltungsteuer aus steuerlichen Gründen

Eine teleologische Reduktion des § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG dahingehend, dass sie in Fällen nicht zur Anwendung kommt, in denen durch die Veräußerung einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG an eine Kapitalgesellschaft, an der der Steuerpflichtige zu mindestens 10 % beteiligt ist, ein Verlust entsteht, jedoch keine Gewinnverlagerung aus dem betrieblichen in den privaten Bereich stattfindet, ist nicht zulässig. Sind die Tatbestandsmerkmale der speziellen Missbrauchsvorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG erfüllt, scheidet die Anwendung der Generalklausel des § 42 Abs. 2 AO aus. FG Nürnberg, Urt. v. 30.03.2022 - 3 K 1470/19, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: VIII R 9/22) Kurzfassung Der Kläger erwarb in 2015 Teilschuldverschreibungen. Über die Laufzeit bis Ende 2015 erzielte er laufende Erträge. Entsprechend der Emissionsregelungen ergab sich daraus ein zu versteuernder Sofortertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, der der Abgeltungsteuer unterlag, sowie ein [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 13.09.2023

Erste Tätigkeitsstätte eines Gesamthafenarbeiters

Die Fahrten eines Arbeitnehmers, der als sog. Gesamthafenarbeiter im Hamburger Hafen tätig wird, sind für die Strecke von seiner Wohnung mindestens bis zum Erreichen des Hafengebiets nur mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen. FG Niedersachsen, Urt. v. 23.07.2020 - 1 K 76/16, vorl. n. rkr. Kurzfassung Der Kläger arbeitete als Hafenarbeiter auf dem Gebiet des Hamburger Hafens. Sein Einsatzgebiet war das Gesamtgebiet des Hafens. Laut seines Arbeitsvertrags musste der Kläger sich jeden Tag zur Arbeitseinteilung melden. Die Gesamthafenbetriebsgesellschaft (GHBG) war für die Arbeitseinteilung und Zuweisung zuständig. Nach der Einteilung suchte der Kläger jeweils den ihm zugewiesenen Hafeneinzelbetrieb mit seinem eigenen Privat-Pkw auf. Der Kläger fuhr jeden Arbeitstag von seiner Wohnung mit dem privaten Pkw zur Arbeit. Im Streitjahr waren dies 147 Arbeitstage. In der Einkommensteuererklärung machte er als Werbungskosten die Aufwendungen für die [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 13.09.2023

EuGH zum Erstattungsanspruch bei zu Unrecht in Rechnung gestellter MwSt

Dem Empfänger von Lieferungen von Gegenständen steht ein Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht in Rechnung gestellten MwSt, die er an seine Lieferer gezahlt hat und die diese an die Staatskasse abgeführt haben, einschließlich der damit zusammenhängenden Zinsen, bei folgender Sachlage unmittelbar gegen die Steuerbehörde zu: Der Empfänger kann zum einen, ohne dass ihm Betrug, Missbrauch oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, diese Erstattung aufgrund der im nationalen Recht vorgesehenen Verjährung nicht mehr von diesen Lieferern fordern und zum anderen besteht formal die Möglichkeit, dass diese Lieferer, nachdem sie die ursprünglich an den Empfänger dieser Lieferungen gerichteten Rechnungen berichtigt haben, im Nachhinein von der Steuerbehörde die Erstattung des zu viel gezahlten Betrags verlangen. Wird die von der Steuerbehörde zu Unrecht erhobene MwSt nicht innerhalb einer angemessenen Frist erstattet, ist der Schaden, der dadurch entstanden ist, dass der [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 13.09.2023

Durchschnittssatzbesteuerung nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG gilt nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe. BFH, Urt. v. 22.03.2023 - XI R 14/21 Kurzfassung Die Klägerin war im Streitjahr 2018 als Landwirtin tätig. Ihr gesamter Betrieb einschließlich aller Nutzflächen befand sich in Österreich und wurde auch von dort aus bewirtschaftet. Dort entstehende Umsätze versteuerte die Klägerin nach Durchschnittssätzen entsprechend § 22 UStG Österreich. Für ihre in Deutschland entstehenden Umsätze wandte sie hingegen § 24 UStG an, wodurch bei erstmaliger Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine Steuer zu entrichten war. Das Finanzamt veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß, allerdings unter Vorbehalt der Nachprüfung, und änderte die Festsetzung später nach § 164 AO. Die Voraussetzungen des § 24 UStG hätten im Streitjahr nicht vorgelegen, so dass die in Deutschland erzielten Umsätze der Klägerin dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 13.09.2023

Kein Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen

§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, so dass eine einheitliche Leistung vorliegt (Folgeentscheidung zu EuGH-Urt. v. 04.05.2023 - C-516/21, EU:C:2023:372 und Aufgabe von BFH Urt. v. 28.05.1998 - V R 19/96, BFHE 185, 555, BStBl II 2010, 307). BFH, Beschl. v. 17.08.2023 - V R 7/23 (V R 22/20) Kurzfassung Der Kläger verpachtete in den Streitjahren 2010 bis 2014 verschiedene landwirtschaftliche Gebäude, darunter insbesondere Ställe. Damit eine vertragsgemäße Nutzung zur Aufzucht von Tieren durch die Pächter möglich war, wurden spezielle Vorrichtungen in die Bauwerke integriert. Es handelte sich dabei u.a .um Förderspiralen, ein Heizungs- und Lüftungssystem sowie spezielle [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 13.09.2023

Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur USt

Die Regelungen über die Festsetzung von Nachzahlungszinsen gem. § 233a i.V.m. § 238 AO verstoßen nicht gegen das Unionsrecht. FG Düsseldorf, Urt. v. 23.06.2023 - 1 K 1869/22 U , Rev. zugelassen Kurzfassung Führt die Festsetzung der USt zu einem Nachzahlungs- oder Erstattungsbetrag i.S.d. § 233a Abs. 3 AO, ist dieser Betrag gem. § 233a Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Im Urteilsfall kam das FG zu dem Ergebnis, dass die Vorschriften über die Festsetzung von Nachzahlungszinsen nicht gegen das Unionsrecht verstoßen. Es wies zunächst darauf hin, dass die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen gem. § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO keine Feststellungen zur Unionsrechtskonformität dieser Zinsvorschriften enthält (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Eine konkludente Einordnung der Zinsvorschriften als unionsrechtskonform könne der Entscheidung nicht entnommen werden. Des Weiteren machte das FG [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.09.2023

Erbfallkostenpauschale für eine Vermächtnisnehmerin

Der Erbfallkostenpauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG kann von Vermächtnisnehmern auch dann in Anspruch genommen werden, wenn er nicht durch Auflage des Erblassers mit Kosten belastet sind. Ist der Nachlass nicht vollständig in Deutschland steuerpflichtig, dann wird der Erbfallkostenpauschbetrag nur anteilig in Höhe der Quote des in Deutschland erbschaftsteuerpflichtigen Erwerbs zum Gesamtnachlass berücksichtigt. Tatsächlich entstandene Aufwendungen für die Erlangung des Erwerbs sind nicht neben dem Pauschbetrag zu berücksichtigen (entgegen R E 10.9 Abs. 5 ErbStR). FG Niedersachsen, Bescheid. v. 28.06.2023 - 3 K 169/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: II R 25/23) Kurzfassung Die Klägerin hatte eine Tante in England, die verstarb. Vor Abzug der Kosten betrug der Nachlass 247.605 GBP. Der Erbe war der Bruder der Verstorbenen. Die Erblasserin hatte verfügt, dass die Klägerin aus dem Nachlass 50.000 GBP erhält. Die Klägerin hatte für die Erlangung des Erwerbs [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 13.09.2023

Gesetzeslücke bei Schenkung ermöglicht steuerfreie Wertverschiebungen

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar. FG Hamburg, Urt. v. 11.07.2023 - 3 K 188/21, Rev. zugelassen (Az. beim BFH: -Az. II R 23/23)) Kurzfassung Der Kläger und sein Vater gründeten eine KGaA. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Der Kläger leistete als persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine Vermögenseinlage in die KGaA. Nach deren Satzung sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögenseinlage [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 13.09.2023

Hohe Steuerbelastung auf positive Einkünfte

Eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen i.S.d. § 163 AO kann geboten sein, wenn sich durch die Verlustverrechnungsbeschränkungen der §§ 22 Nr. 3 und 23 Abs. 3 EStG eine Steuer ergibt, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erheblich übersteigt. FG Köln, Urt. v. 26.04.2023 - 5 K 1403/21, n.rkr. (Az. beim BFH: Az. IX R 18/23) Kurzfassung Die Klägerin, eine natürliche Person, erzielte im Streitjahr 2002 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung. Daraus ergab sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 520.000 €. Gleichzeitig erlitt die Klägerin erhebliche Verluste, insgesamt rund 426.000 €, die sich auf sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 und § 23 EStG verteilten. Durch die Verlustverrechnungsbeschränkungen der §§ 22 Nr. 2 Sätze 3 und 4 und 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG konnten die negativen nicht mit den positiven Einkünften verrechnet werden. So ergab sich [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 13.09.2023

Zugangsfiktion des § 122 Abs, 2 Nr. 1 AO bei Zentralversand von Bescheiden

Bei Anwendung der Dreitagesfiktion gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO hat das FG das Datum der tatsächlichen Aufgabe zur Post von Amts wegen zu ermitteln. Die dreitägige Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt - jedenfalls im Streitfall - trotz Einschaltung eines privaten Postdienstleistungsunternehmens bei dem Versand von Steuerbescheiden im sog. Zentralversand durch ein Hamburger Finanzamt. FG Hamburg, Urt. v. 13.04.2023 - 5 K 92/22, rkr. Kurzfassung Mit Bescheid vom 02.09.2021 stellte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für 2020 für den Kläger gesondert fest. Die Bescheide wurden im Zentralversand gedruckt. Gegen den Beschied legte der Kläger am 07.10.2021 über das Elster-Portal Einspruch ein. Das Finanzamt verwarf den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 08.10.2021, da er verfristet war. Nach Ansicht des Klägers war der Einspruch nicht verfristet, da der Bescheid erst am 07.09.2021 einging. Die Annahme einer Postlaufzeit von fünf Tagen sei wahrscheinlicher. [...]
Sonstiges Aktuell vom 13.09.2023

Corona-Sonderzahlung nach § 63 a NBesG erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Erschwerniszulage

Besteht aufgrund einer abstrakt-generellen Regelung ein Anspruch auf eine Sonderzahlung, stellt dies nur dann eine Erschwerniszulage dar, wenn der Kreis der anspruchsberechtigten Personen in hinreichend bestimmter Weise von dem Kreis derer abgegrenzt ist, bei denen die tatsächlichen Verhältnisse, welche die Leistung veranlasst haben, zu keiner Erschwernis der Arbeitsleistung führen. Eine gesetzliche Regelung, die allen zumindest an einem Tag in einem bestimmten Zeitraum beschäftigten Besoldungsempfängern eines Landes einen Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung einräumt, stellt keine Erschwerniszulage dar. BGH, Urt. v. 13.07.2023 - IX ZB 24/22 , Urt. v. - Kurzfassung Der BGH hat entschieden, dass die gem. § 63 a des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes (NBesG) an alle Besoldungsempfänger zu zahlende Corona-Sonderzahlung keine unpfändbare Erschwerniszulage darstellt. Der Schuldner ist beamteter Lehrer des Landes Niedersachsen. Er stellte am 24. 05. 2018 Insolvenzantrag und [...]
Sonstiges Aktuell vom 13.09.2023

Arbeitgeberleistungen auf einen Summenbescheid nach § 28f Abs. 2 SGB IV kein Arbeitslohn

Die (Nach-)Entrichtung von Beiträgen zur Gesamtsozialversicherung aufgrund eines Summenbescheids nach § 28f Abs. 2 SGB IV durch den Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn. BFH, Urt. v. 15.06.2023 - VI R 27/20 Kurzfassung Die Klägerin beschäftigte in den Streitjahren 2012 bis 2014 mehrere Arbeitnehmer. Geleistete Sachzuwendungen versteuerte sie nach § 37b EStG pauschal. In Unkenntnis über § 1 Abs.1 SvEV behielt sie auch von Sachzuwendungen, die unter § 37b Abs. 2 EStG fallen, keine Sozialversicherungsbeiträge ein. Die Sozialversicherungsfreiheit gilt allerdings nur für solche Zuwendungen, die unter § 37b Abs.1 EStG fallen. Um eine konzernweit einheitliche Behandlung pauschalversteuerter Sachzuwendungen sicherzustellen, traf die Konzernmutter der Klägerin eine Vereinbarung mit der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). In ihr wurde festgehalten, dass die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge auf Sachleistungen über pauschalierte Summenbescheide i.S.d. § 28f Abs. 2 [...]
Sonstiges Aktuell vom 13.09.2023

Leistungen Dritter als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung

Zur Bemessungsgrundlage der GrESt gehören bei der Veräußerung eines Grundstücks an eine Gesellschaft nach § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG auch Leistungen eines Dritten an den Grundstücksveräußerer für den Erwerb von Anteilen an der künftig grundbesitzenden Gesellschaft, wenn der Hauptzweck dieser Leistungen darin besteht, den Grundstücksveräußerer zur Übertragung des Grundstücks an die Gesellschaft zu veranlassen. Es liegt grunderwerbsteuerrechtlich keine Doppelbesteuerung vor, da es sich bei dem Grundstücks- und Anteilserwerb um verschiedene Erwerbsvorgänge handelt. BFH, Urt. v. 25.04.2023 - II R 19/20 Kurzfassung Die Klägerin firmierte im Streitjahr 2014 als GmbH. Eine weitere Gesellschaft, die A-GmbH, erwarb sämtliche Anteile an ihr. Gleichzeitig übertrug sie der Klägerin ein Grundstück, wobei der Kaufpreis teilweise in die freie Kapitalrücklage der Klägerin geleistet, teilweise aber auch als Darlehen verzinslich gestundet wurde. Bereits vor dem Erwerb der Anteile [...]
Steuertipp vom 13.09.2023

Grundstücksüberlassung an eine Personen- oder Kapitalgesellschaft mit Gesellschafterbeteiligung

Neben der Überlassung an ein Einzelunternehmen, das von einem Gesellschafter betrieben wird, ist auch die Überlassung an eine Personengesellschaft, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist, schädlich für die erweiterte Kürzung (vgl. H 9.2 Abs. 4 "Gewerbebetrieb eines Gesellschafters bei Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft" GewStH). Rechtsträger einer Personengesellschaft sind deren Gesellschafter. Die Vergünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geht daher bereits dann verloren, wenn nur ein Gesellschafter der Personengesellschaft gleichzeitig an dem Grundstücksunternehmen beteiligt ist. Mehrstöckige Personengesellschaften werden für die Frage der Anwendung des Ausschlusstatbestands in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG als transparent betrachtet. Mit dem als Urteil wirkendenden Beschluss vom 21.12.2021 hat der BFH entschieden, dass die erweiterte Kürzung bei einem als GmbH betriebenen Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG [...]
Steuertipp vom 13.09.2023

Im Gesellschaftsverhältnis begründeter Forderungsverzicht mit Besserungsschein

Zur Beurteilung der Frage, wie nach einem Forderungsverzicht mit Besserungsschein beim Eintritt der Besserung das Wiederaufleben der Forderung im Rahmen des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 KStG zu berücksichtigen ist, folgendes Beispiel: Sachverhalt: Die A-GmbH befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Um der GmbH zu helfen, verzichtet der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer A auf seine Gehaltsforderung. Dabei vereinbart er mit der GmbH den sog. Forderungsverzicht mit Besserungsschein. Das bedeutet, dass bei Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der GmbH (Bedingungseintritt) die Forderung wiederauflebt. Lösung: Wie bei einem gewöhnlichen Schuldenerlass wird im Zeitpunkt des Forderungsverzichts mit Besserungsschein die auf Seiten der Kapitalgesellschaft bestehende Verbindlichkeit erfolgswirksam in Höhe des Rückzahlungsbetrags ausgebucht. Es kommt zu einer verdeckten Einlage in Höhe des noch werthaltigen Teils der Forderung, da der Verzicht aus [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 13.09.2023

Teamzuordnung und Versetzung

Eine mitbestimmungspflichtige Versetzung des Arbeitnehmers liegt bei der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs vor, also wenn der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts die Art, den Ort oder den Umfang der Tätigkeit eines Arbeitnehmers ändert. Beteiligungsfrei ist hingegen, wenn die Änderung der Arbeitsumstände nicht erheblich ist. In der Rechtspraxis haben sich zwar Kriterien für die Abgrenzung herausgebildet, dennoch hat die Rechtsprechung immer wieder Versetzungsfälle zu entscheiden. Das LAG Thüringen entschied am 29.05.2023 den Fall einer Veränderung bei der Teamzuordnung innerhalb einer Abteilung bei gleichbleibenden Arbeitsaufgaben. Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen der Automobilindustrie, das sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Scheinwerfern beschäftigt. Der Antragsteller ist der Betriebsrat. Im Bereich der Vorfertigung gibt es je nach Komplexität der zu fertigenden Produkte unterscheidliche Teams. Die jeweiligen Teamleiter teilen die Arbeit [...]
Thema der Woche vom 06.09.2023

Festsetzung eines Verspätungszuschlags während der Corona-Krise

Der Kläger gab seine Gewerbesteuererklärung unter Mitwirkung seines steuerlichen Beraters am 28.12.2021 bei dem zuständigen Finanzamt ab. Obwohl die gesetzliche Abgabefrist am 31.08.2021 endete, wurde zuvor keine Fristverlängerung beantragt. Zudem wurden bei Abgabe der Gewerbesteuererklärung keine Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe vorgebracht. Das Finanzamt verband daher mit Bescheiddatum vom 07.04.2022 die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags in Höhe von 100 €. Der Kläger ist der Auffassung, dass das Finanzamt bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags einen Ermessensspielraum habe, und dieses Ermessen nicht rechtmäßig angewendet habe. Das FG Düsseldorf musste im vorliegenden Fall entscheiden, ob überhaupt ein Ermessensspielraum für das Finanzamt bestand, und ob die vom Kläger im Einspruchsverfahren vorgebrachten Gründe für die verspätete Abgabe eine rückwirkende Fristverlängerung von Amts [...]
Gesetzgebung vom 06.09.2023

Neue Änderungen: Entwurf des Wachstumschancengesetzes vom Kabinett beschlossen

Mit Verspätung hat das Bundeskabinett im Rahmen seiner Klausurtagung in Meseberg Ende August doch noch den "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" - das sog. Wachstumschancengesetz - auf den Weg gebracht. Der Entwurf enthält zahlreiche bedeutsame Änderungen in verschiedenen Steuergesetzen. Damit soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert werden. Außerdem sollen Impulse gesetzt werden, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren. Gegenüber dem vorhergehenden Referentenentwurf, über den in den Ausgaben 31 und 32 des Steuer-Telex ausführlich berichtet wurde, hat die Bundesregierung noch einige Änderungen und Ergänzungen vorgenommen, insbesondere die Wiedereinführung degressiver Abschreibungen. Besondere Inhalte bzw. Änderungen sind folgende: Neues Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz Mit der Einführung einer Investitionsprämie [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Selbstbindung der Verwaltung und Berücksichtigung vorteilsmindernder Aufwendungen bei Kraftfahrzeugüberlassung

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Finanzverwaltung für eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische Tätigkeit i.s.d. H 18.2 Betriebsausgabenpauschale Buchst. a des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs 2017 verlangt, dass der Steuerpflichtige mindestens im zeitlichen Umfang von mehr als einem Drittel eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs im Veranlagungszeitraum schriftstellerisch tätig werden muss. Die vom Arbeitnehmer für seine Garage getragene Absetzung für Abnutzung kann den geldwerten Vorteil aus der Überlassung eines betrieblichen Arbeitgeber-Fahrzeugs zur außerdienstlichen Nutzung nicht mindern, wenn keine rechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber besteht, das Fahrzeug in der Garage unterzustellen. BFH, Urt. v. 04.07.2023 - VIII R 29/20 Kurzfassung Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2017 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wobei der Kläger [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Vorsorgeaufwendungen bei steuerfreien Einnahmen aus einer in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit

Die Sonderregelung zur Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a des EStG gilt aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU) auch für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit stehen. Das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete FG muss auch Fragen nachgehen, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen. Es ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz, das maßgebende ausländische Recht gem. § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung von Amts wegen zu ermitteln. Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Feststellungen zu Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts sind für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Fehlen jedoch die erforderlichen Feststellungen zum maßgeblichen [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Spendenabzug bei Gewährung eines Darlehens an den Stifter im zeitlichen Rahmen einer Spende an die Stiftung

Der Umstand, dass eine Stiftung dem Zahlenden einen in ihr Vermögen gezahlten Betrag in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorgang als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellt und mit den Zinserträgen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fördert, ist für sich genommen noch kein Grund, den Spendenabzug zu versagen (Abgrenzung zum BFH-Urt. v. 22.08.2019 - V R 67/16, BFHE 266, 1, BStBl II 2020, 40). Da der Spendenabzug voraussetzt, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, darf mit einer gegenläufigen Darlehensgewährung kein Vorteil für den Zuwendenden verbunden sein. An einem solchen Vorteil fehlt es, wenn sowohl die Gewährung des Darlehens dem Grunde nach als auch die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keinerlei Zweifel an dem aus Sicht des Zuwendenden nunmehr bestehenden Fremdkapitalcharakter dieser Mittel aufwirft. [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Kein Anspruch auf Besteuerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit dem Abgeltungsteuertarif

NV: Die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung privater Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einem abgeltenden Sondertarif von 25 % ist in einem Rechtsstreit, in dem der Steuerpflichtige jene Besteuerung aus Gleichheitsgründen für die von ihm erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beansprucht, nicht klärungsfähig. BFH, Beschl. v. 08.08.2023 - IX B 117/22, NV Kurzfassung Der Kläger sah sich durch § 32d Abs. 1 EStG in seinen Grundrechten, konkret im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, verletzt, da er eine begünstigte Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar hielt. In der Konsequenz strebte er eine Besteuerung der von ihm erzielten Vermietungseinkünfte nach § 21 EStG mit einem Steuersatz von ebenfalls maximal 25 % an. Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde, die auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützt wurde, als unbegründet zurück. Die Rechtsfrage sei nicht klärungsfähig, da das Gericht im [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Privatschulkosten für ein hochbegabtes Kind

Die Aufwendungen für den Privatschulbesuch sind keine zu berücksichtigenden unmittelbaren Krankheitskosten. Es handelt sich vielmehr um Kosten der Lebensführung. Aufwendungen für den Privatschulbesuch eines Kindes sind grundsätzlich nicht außergewöhnlich, auch wenn das Kind infolge Krankheit lernbehindert ist. Die Aufwendungen werden durch den Kinderfreibetrag, den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und das Kindergeld abgegolten. FG Münster, Urt. v. 13.06.2023 - 2 K 1045/22 E, NZB (Az. beim BFH: VI B 35/23) Kurzfassung Die Kläger hatten eine Tochter, die in den Streitjahren ein anerkanntes Internatsgymnasium besuchte. Der Tochter war durch den ärztlichen Dienst eine besondere Lernbegabung und eine sehr hohe Intelligenz bescheinigt worden. Hierfür erhielt sie in der Schule keine entsprechende Förderung. Durch die ständige Unterforderung waren bei der Tochter psychosomatische Beschwerden aufgetreten, die besorgniserregend wurden. Aus [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung

Die Aufwendungen einer hauptberuflichen Ortsvorsteherin bzw. Bürgermeisterin für eine doppelte Haushaltsführung stehen mit der an sie gezahlten, nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung nach § 7 Abs. 1 LKomBesG i.V.m § 8 Abs. 1 LKomBesG, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang. Sie sind daher nach § 3c EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen, soweit sie die Dienstaufwandsentschädigung nicht übersteigen. Diese Rechtslage ist nicht verfassungswidrig. Mit der Regelung des § 7 Abs. 1 LKomBesG soll der gesamte, durch das Amt verursachte persönliche Aufwand abgegolten werden, mithin auch der Aufwand für eine doppelte Haushaltsführung. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.09.2022 - 2 K 842/20, vorl. n. rkr. Kurzfassung Die Klägerin hatte einen privaten Wohnsitz in A. Daneben hatte sie einen Wohnsitz in X bei B. Sie war Ortsvorsteherin in B und Bürgermeisterin in C. Im Streitjahr fuhr sie an den Wochenenden regelmäßig nach A zum [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 06.09.2023

Voraussetzungen für Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG

Öffentlich-rechtliche Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG sind uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können danach nicht als Beihilfe qualifiziert werden. Die von einer Erziehungsfachstelle erbrachte Betreuung von zwei Kindern/Jugendlichen ist im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erfolgt und somit nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit, wenn u.a. eine sonstige betreute Wohnform i.S.d. § 34 SGB VIII vorliegt. FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 13.10.2022 - 4 K 931/20, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: VIII R 19/22) Kurzfassung Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Landkreis Z hatte ihnen eine Erziehungsfachstelle für zwei Plätze erteilt. Im Streitjahr lebten neben den zwei leiblichen Kindern zeitweise noch weitere Kinder in der Erziehungsfachstelle. Hierfür erhielten die Kläger ein Entgelt. In der Einkommensteuererklärung 2016 erklärten sie Einkünfte [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 06.09.2023

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Remanenzkosten und Abfindungszahlungen

Die von Alt-Arbeitgebern an Transfergesellschaften gezahlten Remanenzkosten sind Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung der Transfergesellschaft an die Alt-Arbeitgeber. Dagegen gehören Abfindungen als durchlaufende Posten nicht zum Entgelt. FG Baden-Württemberg, Zwischenurteil. v. 16.03.2023 - 1 K 2865/21, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: V R 10/23) Kurzfassung Die Klägerin, eine GmbH, betreibt für Unternehmen, die Arbeitsplätze abbauen müssen, Transfergesellschaften i.S.d. SGB III. Sie besitzt eine Trägerzulassung nach § 178 Abs. 3 SGB III. Im Urteilsfall übernahmen die Alt-Arbeitgeber gegenüber der Klägerin die sog. Remanenzkosten. Dazu gehören die Aufstockung des Kurzarbeitergelds, die Sozialversicherungsbeiträge auf das Kurzarbeitergeld sowie das Weihnachts- und Urlaubsgeld. Den Arbeitnehmern stand gegenüber den Alt-Arbeitgebern ein Anspruch auf Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu. Diese Abfindungen wurden von der Klägerin ausbezahlt, [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 06.09.2023

Anforderungen an das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung

NV: Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor, soweit ein Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen im Beschwerdeverfahren vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wurde. NV: Der über die Anhörungsrüge befindende Spruchkörper muss nicht personenidentisch mit demjenigen sein, der die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde getroffen hat. BFH, Beschl. v. 14.06.2023 - XI S 2/23 , NV Kurzfassung Ausgangslage war eine Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts, infolge derer ein Urteil des FG vom BFH aufgehoben und die Sache wegen Verfahrensmängeln i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verletzung des Anspruchs der Beteiligten auf rechtliches Gehör) zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin, mit der sie geltend macht, der BFH habe durch seinen Beschluss ihr Recht auf Gehör verletzt, indem er einen Verfahrensfehler habe durchgreifen lassen, der im Beschwerdeverfahren vom [...]
Sonstiges Aktuell vom 06.09.2023

Grunderwerbsteuer bei Zusammenlegung und Neuerrichtung von Kirchengemeinden

Hat das Finanzamt aufgrund irriger Beurteilung des Sachverhalts in einem Feststellungsbescheid den Zeitpunkt des grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgangs fehlerhaft angegeben und wurde der Feststellungsbescheid deshalb in der Folge wegen Rechtswidrigkeit gerichtlich aufgehoben, kann es nach § 174 Abs. 4 Satz 1 und 3 AO in einem weiteren Feststellungsbescheid die richtigen steuerlichen Folgerungen aus der Aufhebung innerhalb eines Jahres nach Aufhebung des Feststellungsbescheids ziehen. Führt die Errichtung einer neuen Kirchengemeinde durch Vereinigung anderer Kirchengemeinden dazu, dass sich unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (heute: 90 %) der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften bei der neu errichteten Kirchengemeinde vereinigen, unterliegt diese Anteilsvereinigung zu dem Zeitpunkt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer, an dem die staatliche Anerkennung wirksam erteilt wird. Die Besteuerung der Vereinigung von mindestens 95 % Anteilen an grundbesitzenden [...]