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Sonstiges Aktuell vom 30.11.2022

Mündliche Verhandlung zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

Der BFH wird am Dienstag, dem 17.01.2023, im Revisionsverfahren IX R 15/20 mündlich verhandeln. In dem Verfahren geht es um die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2020. Die Entscheidung des Gerichts wird voraussichtlich in einem gesonderten Termin Ende Januar 2023 verkündet werden. Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG. Die Kläger sind der Ansicht, dass der unbefristet erhobene Solidaritätszuschlag mit dem Auslaufen des sog. Solidarpakts II am 31.12.2019 sowie der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs seine Rechtfertigung verloren habe. Daher verstoße die Erhebung des (verfassungsgemäß) eingeführten Solidaritätszuschlags nunmehr gegen das Grundgesetz. Darüber hinaus halten die Kläger die ab 2021 erfolgende Rückführung des Solidaritätszuschlags für verfassungswidrig. In dem Umstand, dass seit dem Veranlagungszeitraum 2021 nur noch rund 10 % der Steuerpflichtigen den Solidaritätszuschlag zahlen [...]
Steuertipp vom 30.11.2022

Lohnsteuerliche Behandlung der Inflationsausgleichsprämie

Im Rahmen des "Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" vom 19.10.2022 (BGBl I 2022, 1743) wurde eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie eingeführt. Danach können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 € steuerfrei gewähren (§ 3 Nr. 11c EStG). Hinsichtlich der neuen Steuerbefreiungsvorschrift gilt Folgendes: Der Begünstigungszeitraum ist zeitlich befristet. Der Arbeitgeber muss die Leistung im Zeitraum vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 gewähren. Maßgebend ist der lohnsteuerliche Zufluss nach § 38a Abs. 1 EStG. Bei den 3.000 € handelt es sich um einen Freibetrag. Begünstigt sind Barzuschüsse und Sachbezüge. Die Leistungen kann der Arbeitgeber auch in mehreren Teilbeträgen erbringen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 30.11.2022

Beweis des Arbeitszeitbetrugs durch Videoaufzeichnung?

Am 13.09.2022 entschied das BAG, dass Arbeitgeber nach bereits geltendem Recht ein System einführen müssen, mit dem die Arbeitszeit der Arbeitnehmer erfasst werden kann (Beschl. v. 13.09.2022 - 1 ABR 22/21). So vielfältig, wie die Möglichkeiten zur Zeiterfassung sind, so umfangreich sind allerdings auch die Gelegenheiten der Arbeitnehmer zum Arbeitszeitbetrug. Da es sich beim Arbeitszeitbetrug um eine Tat im Vertrauensbereich handelt, steht eine fristlose Kündigung schnell im Raum. In dem vom LAG Niedersachsen am 06.07.2022 entschiedenen Fall war eine fristlose Kündigung allerdings unwirksam, weil der Arbeitgeber wegen Nichtbeachtung des Datenschutzes im Kündigungsschutzprozess Videomaterial nicht als Beweis für den Arbeitszeitbetrug vorlegen konnte. Die Dokumentation der Anwesenheit des Klägers im Betrieb der Beklagten erfolgt durch das Vorhalten eines persönlichen Werksausweises vor ein Kartenlesegerät. Sodann wird die Anwesenheit mit Datum und Uhrzeit in einem [...]
Thema der Woche vom 23.11.2022

AfA-Bemessungsgrundlage bei Tausch einer mit Vorbehaltsnießbrauch belasteten Immobilie

Wird eine mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Immobilie mit Zustimmung des Nießbrauchers gegen eine andere Immobilie in der Weise ausgetauscht, dass dem Nießbraucher an der neuen Immobilie auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten, rahmenbildenden Vertrags wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, und trägt der Nießbraucher wirtschaftlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzimmobilie, so setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch an der erworbenen Immobilie fort (verlängerter Vorbehaltsnießbrauch). BFH, Urt. v. 24.05.2022 - IX R 1/21 Sachverhalt Die Kläger sind Eheleute, die für die Jahre 2013 bis 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Zunächst lebten die Kläger bis zum Jahr 2013 in einem Einfamilienhaus, welches allein im Eigentum der Klägerin stand. Mit notariellem Vertrag vom 23.12.2002 wurde das Hausgrundstück auf die drei volljährigen Kinder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Die Klägerin und der an dem Vertrag [...]
Gesetzgebung vom 23.11.2022

Modernisierung der Betriebsprüfung und Plattformaustausch beschlossen

Am 11.11.2022 hat der Bundestag das Gesetz mit dem sperrigen Titel "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.03.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts" verabschiedet. Über den in vielen Teilen unverändert übernommenen Gesetzentwurf hatten wir bereits in einer früheren Ausgabe berichtet (STX 2022, 452). Die Zustimmung des Bundesrats soll im Dezember erfolgen. Mit dem Gesetz werden zwei Ziele verfolgt, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen: Einerseits erfolgt die Umsetzung der als "DAC 7" bezeichneten Richtlinie (EU) 2021/514 vom 22.03.2021 zur Änderung der sog. Amtshilferichtlinie. Außerdem sollen steuerverfahrensrechtliche Bestimmungen modernisiert werden, insbesondere zur Beschleunigung von Außenprüfungen. Informationsaustausch für Plattformbetreiber In Umsetzung der als "DAC 7" bezeichneten Richtlinie (EU) [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 23.11.2022

Verfassungsmäßigkeit der Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG

Die Beschränkung der Auszahlung festgesetzten Kindergelds durch § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ist verfassungsrechtlich unbedenklich. BFH, Beschl. v. 22.09.2022 - III R 21/21 Die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach § 52 Abs. 50 EStG auf nach dem 18.07.2019 eingehende Anträge auf Kindergeld anzuwenden. Sie regelt, dass festgesetztes Kindergeld rückwirkend nur für sechs Monate vor Beginn des Monats ausgezahlt wird, in dem der Antrag eingegangen ist. Die Festsetzung des Kindergelds bleibt durch die Ausschlussfrist unberührt. Zwischen den Beteiligten war nicht streitig, dass die Familienkasse § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf den am 30.07.2019 eingegangenen Antrag der Klägerin dem Gesetzeswortlaut entsprechend angewandt und insbesondere den von der Vorschrift erfassten Zeitraum richtig berechnet hat, für den Kindergeld trotz Festsetzung nicht ausgezahlt werden konnte. Zu klären hatte der BFH die Frage der Verfassungsmäßigkeit. Nach Auffassung des BFH ist die dem [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 23.11.2022

Hinzurechnung eines Kirchensteuererstattungsüberhangs i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG

Ein Erstattungsüberhang i.S.d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erfordert lediglich ein "Übersteigen" der erstatteten Aufwendungen über die im Erstattungsjahr geleisteten Aufwendungen, die auch 0 € betragen können. Ein Kirchensteuererstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat. Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat (Anschluss an BFH, Urt. v. 20.11.2019 - XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rdnr. 36). BFH, Urt. v. 29.06.2022 - X R 1/20 Der Kläger war Gesellschafter der A-GmbH (nachfolgend GmbH). Am 26.10.2009 schloss er einen notariell beurkundeten Kaufvertrag, in dem er u.a. Geschäftsanteile auf die GmbH übertrug. Im Hinblick darauf beantragte er im November 2009 u.a. die Festsetzung einer Kirchensteuervorauszahlung von 508.768 €, die das [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 23.11.2022

Schadenersatzrechtliche Rückabwicklung des Erwerbs einer Kommanditbeteiligung

Erstattet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat (Abgrenzung von BGH, Urt. v. 11.02.2014 - II ZR 276/12, BGHZ 200, 51, DStR 2014, 602). Kosten für einen Zivilprozess und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten teilen als Folgekosten die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren; sie können Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Geht es in dem Rechtsstreit um mögliche Einnahmen (oder den Ersatz von Aufwendungen) des Steuerpflichtigen, sind die Prozesskosten bei der Einkunftsart als [...]
Körperschaftsteuer Aktuell vom 23.11.2022

Keine fiktive Betriebsausgabenkürzung bei Veräußerungsgewinn

NV: Der von einer von der Körperschaftsteuer befreiten Stiftung realisierte Veräußerungsgewinn i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2002, der bei der Ermittlung des Einkommens des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 8b Abs. 2 KStG außer Ansatz bleibt, löst eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht aus. BFH, Urt. v. 01.06.2022 - I R 44/19, NV Die Klägerin, eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreite Stiftung, wurde 1998 gegründet. Der Stiftungsgrundstock bestand aus sog. einbringungsgeborenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 nach einer Einbringung zum Buchwert. Mit Vertrag vom 20.01.2012 veräußerte die Klägerin diese Anteile. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung ermittelte der Prüfer einen Veräußerungsgewinn, wobei auch die quotal steuerverstrickten einbringungsgeborenen Anteile berücksichtigt wurden. Daraufhin erließ das Finanzamt einen [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 23.11.2022

Steuerbarer und steuerpflichtiger Verzicht auf das Recht zur Privatliquidation

Verzichtet der Chefarzt gegenüber dem Träger der Klinik, an der er tätig ist, auf das ihm durch die Klinik eingeräumte Recht zur Privatliquidation gegen monatliche Ausgleichszahlungen, die der Klinikträger leistet, um auch insoweit selbst gegenüber Privatversicherten abrechnen zu können, liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, die nicht als Verzicht auf die zukünftige Erbringung von Heilbehandlungsleistungen gegenüber den Privatversicherten steuerfrei ist. BFH, Urt. v. 30.06.2022 - V R 36/20 Die Entscheidung ist geprägt durch die im vorliegenden Einzelfall getroffenen besonderen Vereinbarungen. Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch können auch vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm - sei es auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage - zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet. Danach handelte es sich im Streitfall bei der Zahlung des finanziellen Ausgleichs aufgrund der Vereinbarung des Chefarztes mit der Klinik um [...]
Sonstiges Aktuell vom 23.11.2022

Erstattungsfähigkeit der vom Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellten Umsatzsteuer

Im Kostenfestsetzungsverfahren kann die Umsatzsteuer für die Leistungen eines Prozessbevollmächtigten, der den Kläger im außergerichtlichen Vorverfahren sowie im finanzgerichtlichen Klageverfahren vertreten hat, nicht erstattet werden, wenn zum einen sich die Klage gegen die Festsetzung von Steuern richtete, die aus dem betrieblichen Bereich resultierten, und der Kläger zum anderen vorsteuerabzugsberechtigt war. FG Düsseldorf, Beschl. v. 17.10.2022 - 11 Ko 1819/22 KF Der Erinnerungsführer betrieb einen Imbiss und erzielte gewerbliche Einkünfte. Er war insoweit vorsteuerabzugsberechtigt. Seine Ehefrau (Erinnerungsführerin) erzielte dagegen keine eigenen Einkünfte und arbeitete im Imbiss lediglich mit. Beide wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Das der Erinnerung vorausgehende Klageverfahren betraf die Frage, ob das Finanzamt eine Hinzuschätzung von Erlösen wegen Buchführungsmängeln bei den gewerblichen Einkünften des Erinnerungsführers hatte vornehmen [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 23.11.2022

Abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer

Die auf den Nachlassanteil eines Miterben bei strikter Anwendung des Stichtagsprinzips entfallende Erbschaftsteuer kann aufgrund tatsächlich fehlender Bereicherung durch den Erwerb von Todes wegen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie im Wege der abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen auf 0 € herabzusetzen sein, wenn dieser erst nach langjährigem Streit zwischen anderen Erbprätendenten, die sich zwischenzeitlich Zugriff auf den Nachlass verschaffen konnten, mit hinreichender Zuverlässigkeit und Gewissheit Kenntnis von seinem unangefochtenen Erbschaftserwerb erlangt, aber infolge der Mittellosigkeit dieser Erbprätendenten keine Vermögenswerte aus dem Nachlass mehr erlangen kann. Das Unterlassen des Hinwirkens auf Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses durch das ggf. insoweit zu einem Tätigwerden von Amts wegen verpflichteten Nachlassgericht schließt eine solche abweichende Festsetzung nicht aus. FG Düsseldorf, Urt. v. 30.06.2021 - 4 K [...]
Sonstiges Aktuell vom 23.11.2022

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei noch zu erschließendem Grundstück

NV: Veräußert ein privater Erschließungsträger ein von ihm zu erschließendes, im Zeitpunkt des Erwerbs aber noch unerschlossenes Grundstück, und sind die in dem Kaufpreis enthaltenen Erschließungskosten nicht gesondert ausgewiesen, ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück im erschlossenen Zustand. BFH, Urt. v. 23.02.2022 - II R 9/21, NV Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gem. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Für den Umfang der Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne ist damit entscheidend, in welchem Zustand die Vertragsbeteiligten das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht haben. Das gilt auch für den Erschließungszustand des Grundstücks. Die Frage, ob Erschließungskosten als [...]
Sonstiges Aktuell vom 23.11.2022

Grunderwerbsteuerpflicht bei Erwerb eines Bootsschuppens

Der Erwerb eines zu einer Bootsschuppenanlage gehörenden Bootsschuppens auf dem von einer Bootshausgemeinschaft von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes gepachteten Grundstück ist nicht grunderwerbsteuerbar, wenn die gesamte Bootsschuppenanlage ein mit dem Grundstück fest verbundenes Gebäude ist. Selbständiges Eigentum an dem einzelnen, in den neuen Bundesländern belegenen Bootsschuppen ist auch nicht nach übergegangenem Recht der DDR begründet worden, wenn nicht zu DDR-Zeiten ein Nutzungsrecht vertraglich vereinbart worden ist. Die „Veräußerung“ eines Gebäudeteils ist nicht grunderwerbsteuerbar. FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.05.2022 - 3 K 84/21, NZB (Az. beim BFH: II B 48/22) Der Kläger erwarb mit undatiertem Kaufvertrag einen Bootsschuppen, der Teil einer Anlage war, die auf Pfählen errichtet wurde. Das Wassergrundstück, auf dem die Bootsschuppen stehen, befindet sich im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland und wird durch die [...]
Steuertipp vom 23.11.2022

Pflegeleistungen: Außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG und Steuerermäßigung nach § 35a EStG

Liegen begünstigte Pflegeleistungen nach § 33 EStG vor, brauchen diese nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Stattdessen können die gesamten Pflegeaufwendungen auf Antrag auch als begünstigte Aufwendungen i.S.v. § 35a Abs. 2 EStG behandelt werden, wenn für die Aufwendungen eine Rechnung vorliegt und die Zahlung unbar vorgenommen wurde. Liegen keine begünstigten Pflegeleistungen nach § 33 EStG vor, weil z.B. bei der zu pflegenden Person kein Pflegegrad festgestellt wurde, kann lediglich § 35a Abs. 2 Satz 1 zweite Alternative und Satz 2 erste Alternative EStG in Betracht kommen. Pflegegeld Beispiel: Eine pflegebedürftige Steuerpflichtige A (Pflegegrad 2) beantragt anstelle der häuslichen Pflegehilfe (§ 36 SGB XI) ein Pflegegeld nach § 37 SGB XI (selbstbeschaffter Pflegedienst). Im Veranlagungszeitraum erhält sie monatlich 316 €. A nimmt zur Deckung ihres häuslichen Pflege- und Betreuungsbedarfs zusätzlich einzelne Pflegeeinsätze eines [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 23.11.2022

Fristlose Kündigung wegen Weitergabe von E-Mails

Das Lesen und die Weitergabe fremder E-Mails kann an sich ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB für den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung sein. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitnehmer dabei Beweise für ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren sichern möchte. Die seit 23 Jahren mit Buchhaltungsaufgaben in einer Kirchengemeinde betraute Klägerin entdeckte auf dem Dienstcomputer des Pfarrers, auf den sie Zugriff hatte, eine E-Mail, in welcher der Pastor auf ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau hinwies. Zudem fand sie als Anhang einer privaten E-Mail einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau. Diesen Chatverlauf speicherte sie auf einem USB-Stick und leitete diesen anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der beklagten Kirchengemeinde weiter. Die Klägerin wollte mit diesem Verhalten Beweise sichern und [...]
Thema der Woche vom 16.11.2022

Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 7 AO bei Hinterziehung derselben Steuer durch den Erblasser und den Erben

Die von einem Erben durch eine unterlassene Berichtigung gem. § 153 Abs. 1 AO begangene Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) führt nicht zu einer weiteren Verlängerung der Festsetzungsfrist, wenn diese sich schon aufgrund einer Steuerhinterziehung des Erblassers nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängert hatte. Gemäß § 171 Abs. 7 AO läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, wenn der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in eine zehnjährige Festsetzungsfrist eintritt und hinsichtlich derselben Steuer eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begeht. Die Ablaufhemmung dauert in diesem Fall an, solange der Erbe wegen seiner eigenen Hinterziehung strafrechtlich verfolgt werden kann. BFH, Urt. v. 21.06.2022 - VIII R 26/19 Urteilsfall Im aktuellen Fall sind die Steuerpflichtigen Erbinnen ihrer Eltern. Diese wurden in den Jahren 1995 bis 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 1995 reichten sie im März 1997 ein. Die [...]
Gesetzgebung vom 16.11.2022

Inflationsausgleichsgesetz vom Bundestag beschlossen

Der Bundestag hat am 10.11.2022 das Inflationsausgleichsgesetz verabschiedet, das die Absenkung des Einkommensteuertarifs und die Erhöhung des Kindergeldes vorsieht. Bereits im August 2022 hatte Bundesfinanzminister Lindner Eckpunkte für ein Inflationsausgleichsgesetz vorgestellt (vgl. STX 33/2022, 500). Im September 2022 hat dann das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz beschlossen (vgl. STX 38/2022, 580). Die Projektionen des 5. Steuerprogressionsberichts und des 14. Existenzminimumberichts haben die Erwartung bestätigt, dass die im Entwurf des Inflationsausgleichsgesetzes vorgesehenen Anpassungen der Freibeträge und des Einkommensteuertarifs nicht ausreichen, um die Preissteigerungen auszugleichen. Auf Grundlage der Berichte hatte der Finanzausschuss in seiner Beschlussempfehlung zum Inflationsausgleichsgesetz (BT-Drucks. 20/4378) eine noch deutlichere Steuerentlastung festgeschrieben, die nun vom Bundestag verabschiedet worden ist. Die [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 16.11.2022

Kürzung des Werbungskostenabzugs bei steuerfreien Leistungen aus einem Stipendium

Werbungskosten setzen eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff hingegen nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen. Leistungen aus einem Stipendium führen zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient. Zwischen steuerfreien Stipendienleistungen und beruflich veranlassten (Fort-)Bildungsaufwendungen besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S.v. § 3c Abs. 1 EStG, wenn das Stipendium dazu dient, die beruflich veranlassten Aufwendungen auszugleichen oder zu erstatten. BFH, Urt. v. 29.09.2022 - VI R 34/20 Die Klägerin absolvierte im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Zweitausbildung ein Masterstudium in den USA. Für dieses Studium erhielt [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 16.11.2022

Kein Kindergeldanspruch während der Ausbildung zum Facharzt

Beginnt das Kind nach erfolgreich abgeschlossenem Medizinstudium ein Dienstverhältnis an einer Klinik, das als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient, ist ein Kindergeldanspruch während dieses Dienstverhältnisses mangels Vorliegens einer Berufsausbildung i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ausgeschlossen, wenn bei einer Gesamtbetrachtung des Dienstverhältnisses der Erwerbscharakter und nicht der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht. BFH, Urt. v. 22.09.2022 - III R 40/21 Die Klägerin ist die Mutter einer im Mai 1997 geborenen Tochter, die im Dezember 2020 ihr Medizinstudium erfolgreich abschloss. Zum 01.01.2021 begann sie ihre mindestens 60 Monate umfassende Vorbereitungszeit zur Erlangung der Qualifikation als Fachärztin. Das hierzu mit einer Klinik abgeschlossene Dienstverhältnis umfasste eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden. Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 16.11.2022

Unechte Realteilung

Nicht zur Einziehung erworbene eigene Anteile sind steuerbilanzrechtlich Wirtschaftsgüter. Die Realteilungsgrundsätze finden auch dann Anwendung, wenn im Zuge des Ausscheidens eines Mitunternehmers Aktien als Sachwertabfindung übertragen werden und durch diese Übertragung zu eigenen Anteilen des ausscheidenden Mitunternehmers werden. Die spätere Einziehung der übertragenen Aktien im vereinfachten Einziehungsverfahren stellt keine Sperrfristverletzung dar. FG Hessen, Urt. v. 31.03.2022 - 8 K 590/20, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: IV R 16/22) Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit inländischen Kommanditisten. Ihr Zweck ist der Erwerb und die Verwaltung von Aktien der A-Bank. Die Beteiligung erfolgt durch Sacheinlage von Aktien an der A-Bank. Die Beteiligung an der Klägerin hängt von der Anzahl der eingebrachten Aktien ab. Die B-Bank war Kommanditistin. Mitte 2016 verschmolz sie mit der A-Bank. Im Oktober 2016 kündigte die A-Bank ihre Beteiligung an der Klägerin und schied [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 16.11.2022

Übergangsregelung zur Bewertung von Feldinventar und stehender Ernte

Zur Bewertung von Feldinventar und stehender Ernte nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. R 14 Abs. 2 EStR 2012 mit standardisierten Werten nach dem BMEL-Jahresabschluss hat die Verwaltung folgende Übergangsregelung getroffen: Die erstmalige Anwendung der im April 2022 aktualisierten Standardherstellungskosten für die Bewertung des Feldinventars und der stehenden Ernte kann im Wirtschaftsjahr 2021/2022 oder im Wirtschaftsjahr 2022 beim Feldinventar/der stehenden Ernte (unfertige Erzeugnisse) zu einer Bestandserhöhung führen und einen zusätzlichen buchtechnischen Gewinn (Umstellungsgewinn) auslösen. Der Umstellungsgewinn ermittelt sich aus der Gegenüberstellung der neuen und der bisherigen Standardherstellungskosten am maßgeblichen Bilanzstichtag für das gesamte Feldinventar/die gesamte stehende Ernte. Aus Billigkeitsgründen kann der Steuerpflichtige i.H.v. höchstens 80 % dieses Umstellungsgewinns in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 2021/2022 bzw. des [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Unternehmereigenschaft bei planmäßigem An- und Verkauf im Rahmen eines Internethandels (hier: eBay)

Die Gegenleistung ist in Entgelt und Steuerbetrag aufzuteilen. Veräußert ein Verkäufer auf jährlich mehreren hundert Auktionen Waren über die Internetplattform "eBay", liegt eine nachhaltige und damit umsatzsteuerrechtlich unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG vor. Die Aufzeichnungspflichten gem. § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG gehören nicht zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung. Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten führt deshalb nicht grundsätzlich zur Versagung der Differenzbesteuerung. BFH, Urt. v. 12.05.2022 - V R 19/20 Die Klägerin erwarb bei Haushaltsauflösungen Gegenstände und verkaufte diese über einen Zeitraum von fünf Jahren auf der Internetauktionsplattform "eBay" in ca. 3.000 Versteigerungen und erzielte daraus Einnahmen von ca. 380.000 €. Zu Leitsatz 1: Finanzamt und FG hatten die Umsatzsteuer auf die (Brutto-)Einnahmen festgesetzt. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Bemessungsgrundlage ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Anforderungen an eine entgeltliche Nutzungsüberlassung

NV: Bei einem jährlichen Pachtentgelt von 1 € und erheblichen Aufwendungen auf den Pachtgegenstand tritt die Entgeltverpflichtung so sehr in den Hintergrund, dass der Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Entgelt gelöst ist. Der "Verpächter" ist dann aus Eingangsleistungen für den so überlassenen Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. NV: Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die Vertragsparteien später das Pachtentgelt auf 10.000 € erhöhen, diese Pachterhöhung aber zugleich durch eine Zuschusserhöhung ausgleichen. BFH, Beschl. v. 22.06.2022 - XI R 35/19, NV Streitig war, ob die Klägerin, eine Gemeinde, im Jahr 2015 (Streitjahr) zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit einem von ihr verpachteten Schwimmbad berechtigt ist. Mit Vertrag vom 20.04.2005 verpachtete die Klägerin das Schwimmbad an den … e.V. (Verein). Der Pachtzins betrug jährlich 1 €. Die Klägerin verpflichtete sich in dem Betriebspachtvertrag zur Zahlung eines Zuschusses an den [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Umsatzsteuerliche Behandlung von forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen

Allgemeines Ein forstwirtschaftlicher Zusammenschluss (FwZ) ist ein privatrechtlicher Zusammenschluss von Waldbesitzern, der den Zweck verfolgt, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen zu verbessern, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt, der Besitzsplitterung, des unzureichenden Waldaufschlusses oder anderer Strukturmängel zu überwinden (§ 16 BWaldG). Umfang des Unternehmens Ist der FwZ nach § 18 BWaldG anerkannt und hat er die Rechtsform eines Vereins, handelt es sich um einen wirtschaftlichen Verein i.S.v. § 22 BGB. Aus der Zweckbestimmung und den satzungsmäßigen Aufgaben (§§ 16 bis 18 BWaldG) folgt, dass der FwZ im konkreten wirtschaftlichen Interesse seiner Mitglieder handelt und deshalb regelmäßig insgesamt unternehmerisch tätig ist. Etwas anderes gilt nur, soweit der FwZ in einem abgrenzbaren Teilbereich lediglich allgemeine Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt und es sich hierbei nicht nur um eine [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Änderung eines Erbschaftsteuerbescheids

Die Änderung eines Erbschaftsteuerbescheids nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 ErbStG setzt voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt sind. Ein Verwaltungsakt ist nur dann ausnahmsweise nichtig, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, ihn als verbindlich anzuerkennen. FG München, Urt. v. 16.02.2022 - 4 K 1100/21, rkr. Die Klägerin ist eine inländische gemeinnützige Stiftung. Sie wurde aufgrund notariellen Erbvertrags Alleinerbin der 21.11.2017 verstorbenen X. Zuvor hatte X am 09.03.2016 ihren Ehemann Y als Alleinerbin beerbt. Aufgrund der Erbschaftsteuererklärung von X setzte das Finanzamt am 23.08.2017 Erbschaftsteuer i.H.v. 468.635 € fest. Der Bescheid wurde zum 27.03.2019 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer von 458.090 € gegen die Klägerin fest. Gegen keinen der [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 16.11.2022

Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre

Satzungsmäßige Leistungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre unterliegen nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer, da die Leistungen insoweit nicht freigebig erfolgen. Satzungsmäßige Leistungen inländischer Familienstiftungen unterliegen ebenfalls nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Leistungen von ausländischen Stiftungen an inländische Destinatäre sind nur dann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar, wenn sie eindeutig gegen den Satzungszweck verstoßen. Die Feststellungslast für diejenigen Umstände, die zu einer eindeutigen Überschreitung des Satzungszwecks führen, liegt beim Finanzamt. Ob bzw. inwieweit eine Leistung als satzungswidrig anzusehen ist, ist regelmäßig anhand der Stiftungssatzung im Allgemeinen sowie anhand des jeweiligen Ausschüttungsbeschlusses der verantwortlichen Stiftungsorgane zu beurteilen. Dabei ist ein den Stiftungsorganen gesetzlich oder satzungsmäßig zugebilligter Beurteilungs- und [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 16.11.2022

Anwendungserlass zur Neuregelung der Vollverzinsung

Das BVerfG hatte bekanntlich entschieden, dass § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde gelegt wird. Die Unvereinbarkeitserklärung erstreckt sich ausdrücklich nicht auf die anderen Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zu Lasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO. Die Entscheidung des BVerfG betrifft aber auch nicht die ausschließlich zugunsten der Steuerpflichtigen wirkenden Prozesszinsen nach § 236 AO und die Säumniszuschläge nach § 240 AO. Für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 ist das bisherige Recht weiter anwendbar (Fortgeltungsanordnung). Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.07.2022 eine rückwirkende Neuregelung der Vollverzinsung zu treffen. Diese Neuregelung wurde [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 16.11.2022

Überweisung von Steuererstattungsbeträgen auf das Konto eines Dritten (Zahlungsanweisung)

Ebenso wie im bürgerlichen Recht mit Einwilligung des Berechtigten an einen Dritten zum Zweck der Erfüllung geleistet werden kann (§ 362 Abs. 2 BGB), sind auch im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses Erstattungen an andere Personen zulässig, wenn der Steuerpflichtige eine entsprechende (schriftliche) Zahlungsanweisung (Zahlungsvollmacht) allgemein oder für den Einzelfall erteilt hat. Die Abtretung des Zahlungsanspruchs und die Anzeige der Abtretung nach § 46 AO sind hierfür nicht erforderlich. Schriftliche Zahlungsanweisungen zugunsten Dritter ohne förmliche Abtretung i.S.d. § 46 AO können daher grundsätzlich anerkannt und entsprechend berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung einer Zahlungsanweisung zugunsten eines Dritten kommt jedoch nicht in Betracht, wenn nach den gegebenen Umständen davon auszugehen ist, dass sie der Umgehung des Schutzzwecks des § 46 Abs. 3 AO (die in § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebene formalisierte Abtretungsanzeige soll insbesondere [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 16.11.2022

Zugang und Bekanntgabefiktion

Allgemeines Für die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts gilt die in § 122 Abs. 2 AO normierte Bekanntgabefiktion. Zur Nachweispflicht des Finanzamts bei Bestreiten des Zugangs ist zu unterscheiden, ob der Steuerpflichtige den Zugang generell bestreitet oder vorträgt, der Verwaltungsakt sei zu einem späteren Zeitpunkt i.S.d. § 122 Abs. 2 zweiter Halbsatz AO zugegangen. Bestreiten des Zugangs An das Bestreiten des Zugangs durch den Steuerpflichtigen werden keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt vorzutragen, den Bescheid nicht erhalten zu haben. Das Finanzamt trägt die volle Beweislast für den Zugang. Der Zugangsbeweis kann nicht durch Anschein, sondern nur durch Indizien geführt werden. Allgemeine Aussagen zu Erfahrungswerten zur bisher zuverlässigen Postzustellung reichen nicht aus. Für die Frage, ob der tatsächliche Zugang durch Indizien bewiesen werden kann, ist neben dem Postaufgabevermerk innerhalb des Finanzamts vor allem das Verhalten des Steuerpflichtigen nach [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 16.11.2022

Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte

Anwendungsbereich § 175b AO ersetzt die im Grundsatz bislang in § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG verortete Änderungsvorschrift. § 175b Abs. 1 bis 3 AO ist erstmals anzuwenden, wenn steuerliche Daten i.S.d. § 93c AO für Besteuerungszeiträume nach 2016 oder Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2016 von einem Dritten elektronisch an die Finanzbehörden zu übermitteln sind. § 175b Abs. 4 AO ist erstmals anzuwenden, wenn Daten i.S.d. § 93c AO der Finanzbehörde nach dem 25.06.2017 zugehen. Tatbestandsvoraussetzungen § 93c AO enthält Verfahrensvorschriften für die elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter. Die eigentliche Übermittlungspflicht ergibt sich aus materiell-rechtlichen Vorschriften der Steuergesetze. Insbesondere folgende elektronisch zu übermittelnde Daten stellen Daten i.S.d. § 93c AO dar: Beiträge zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung, einschließlich Mittelung öffentlicher Stellen über Zuschüsse zu Altersvorsorge-, Kranken- oder [...]
Steuertipp vom 16.11.2022

Verfahren bei fehlerhafter Auszahlung der Energiepreispauschale (EPP)

Hat der Arbeitgeber die EPP ausbezahlt, ohne dass hierfür sämtliche Voraussetzungen erfüllt waren, ist die EPP vom Arbeitgeber zurückzufordern, wenn der Arbeitnehmer nicht anspruchsberechtigt ist oder der Arbeitnehmer nicht in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis zum Arbeitgeber steht und der Arbeitgeber nicht in den ELStAM als Hauptarbeitgeber angemeldet ist bzw. keine Bestätigung über das erste Dienstverhältnis eines Minijobbers vorliegt (da in diesen Fällen die Auszahlung durch einen anderen Hauptarbeitgeber ohne Veranlagungsverfahren nicht mehr korrigiert werden kann). Bei der Refinanzierung handelt es sich nicht um Lohnsteuer, sondern um einen Kürzungsbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer, weshalb eine Haftung nach § 42d EStG nicht in Betracht kommt. Eine Korrektur der EPP hat über die Lohnsteueranmeldung zu erfolgen, mit der die Refinanzierung geltend gemacht wurde. Die Rückforderung hat daher mittels berichtigter Lohnsteueranmeldung 08/2022 (bzw. drittes [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 16.11.2022

Zuschläge bei Dauernachtarbeit

Die Gestaltung der Arbeitszeit richtet sich nach dem Arbeitszeitgesetz, das Mindestruhepausen, Arbeitsruhe und die Anzahl der täglichen Arbeitsstunden bestimmt. Daneben sind Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge geregelt. Bei der Nachtarbeit darf die tägliche Arbeitszeit nicht länger als acht Stunden sein. § 6 Abs. 5 ArbZG legt fest, dass dem Nachtarbeitnehmer für die nächtlich geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage gewährt wird oder ein angemessener Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren ist. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist. Für den Fall einer Dauernachtwache in einer Wohneinrichtung für behinderte Menschen ist nach Ansicht des BAG jedenfalls von einem Nachtzuschlag von 30 % auszugehen. Die Klägerin arbeitet dauerhaft ausschließlich nachts in einer von der Beklagten betriebenen Wohneinrichtung für behinderte Menschen. [...]
Thema der Woche vom 09.11.2022

Entgelt für Kennzeichenwerbung ist Arbeitslohn

Ein Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten Pkw des Arbeitnehmers ist durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit Arbeitslohn, wenn dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen "Werbemietvertrag" kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Ist das für die Werbung gezahlte Entgelt als Arbeitslohn zu beurteilen, scheidet eine überwiegend eigenbetriebliche Veranlassung der Zahlung regelmäßig aus. BFH, Beschl. v. 21.06.2022 - VI R 20/20 Hintergrund Einnahmen, die aufgrund von Zahlungen für die Vermietung von Werbeflächen (darunter fallen auch Kennzeichenhalter) entstehen und nicht unter andere Einkunftsarten fallen (nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG), werden dem Bereich der Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zugeordnet. Solche Einkünfte sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen haben (vgl. § 22 Nr. 3 Satz 2 EStG). Werden Aufwendungen aufgrund oder wegen eines bestehenden [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Klagebefugnis nach Abhilfebescheid der Familienkasse im Klageverfahren

Setzt die Familienkasse in einem gegen einen Kindergeldaufhebungsbescheid gerichteten Klageverfahren Kindergeld für den vom Aufhebungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung erfassten Regelungszeitraum fest, wird dieser Änderungsbescheid gem. § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens und lässt die Klagebefugnis entfallen. Eine Klagebefugnis lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass für den nicht vom Aufhebungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung erfassten Anspruchszeitraum ggf. ein weiterer Kindergeldantrag erforderlich ist, der von der Ausschlussfrist des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG erfasst werden könnte. Erlässt die Familienkasse in einem Rechtsstreit über die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung einen den gesamten Streitzeitraum umfassenden Abhilfebescheid, ist es zur Wahrung der in § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG geregelten Sechsmonatsfrist als ausreichend anzusehen, dass der Kindergeldberechtigte im Verwaltungs- oder im sich anschließenden Klageverfahren [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Abzug von Taxikosten nur in Höhe der Entfernungspauschale

Ein im Gelegenheitsverkehr genutztes Taxi zählt nicht zu den "öffentlichen Verkehrsmitteln" i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Taxi können daher lediglich in Höhe der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden. BFH, Urt. v. 09.06.2022 - VI R 26/20 Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und der sog. ersten Tätigkeitsstätte (zumeist dessen üblicher Arbeitsplatz) sind grundsätzlich pauschal in Höhe von 0,30 € für jeden Entfernungskilometer anzusetzen, unabhängig davon, welches Verkehrsmittel genutzt wird. Eine Ausnahme gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. In diesem Fall darf der Arbeitnehmer anstatt der Entfernungspauschale auch höhere tatsächliche Kosten ansetzen. Der BFH hatte nun die Frage zu klären, ob es sich bei einem Taxi um ein solch [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Vorab entstandene Aufwendungen für wohnungsrechtsbelastete Immobilie

NV: Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für ein wohnungsrechtsbelastetes Immobilienobjekt erbringt, sind mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht als vorab entstandene Werbungskosten im Hinblick auf eine nach Erlöschen des Wohnungsrechts beabsichtigte Vermietung der Wohnung abzuziehen, solange und soweit der Wohnungsrechtsinhaber einer Vermietung nicht zugestimmt und insoweit auf sein Wohnungsrecht verzichtet hat. BFH, Beschl. v. 15.09.2022 - IX B 27/22 Der BFH geht dem FG folgend davon aus, dass der Kläger die Absicht, das im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworbene, mit einem lebenslangen Wohnungsrecht zugunsten des Vaters belastete Wohngrundstück zu vermieten, nicht aufnehmen konnte, solange und soweit der wohnungsberechtigte Vater einer Vermietung von einzelnen Räumen des Objekts nicht zugestimmt (und insoweit - ggf. anteilig - auf sein Wohnungsrecht verzichtet) hatte. Vor diesem Hintergrund waren auch die Aufwendungen, die der Kläger für die wohnungsrechtsbelastete [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Verfahrensfehler bei Nichtberücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung von Aktien

NV: Eine Entscheidung beruht nicht mehr auf dem Gesamtergebnis des Verfahrens i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, wenn das FG annimmt, es sei nicht aufklärbar, ob ein geltend gemachter Verlust bereits auf Depotebene im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs berücksichtigt worden ist, obwohl aus dem Beteiligtenvorbringen hervorgeht, dass sich das Kreditinstitut als auszahlende Stelle aufgrund einer bindenden Auffassung der Finanzverwaltung außerstande gesehen hat, den Verlust anzuerkennen. BFH, Beschl. v. 07.06.2022 - VIII B 67/21, NV Der Kläger hatte im Jahr 2009 über ein Depot bei der X Bank Namensaktien der Z AG zu Anschaffungskosten in Höhe von 26.105,15 € erworben. Am 31.10.2016 veräußerte er die Aktien zu einem Börsenkurswert in Höhe von insgesamt 9,04 € weiter, wobei Transaktionskosten in gleicher Höhe anfielen. Die X Bank berücksichtigte den aus der Veräußerung entstandenen Verlust in Höhe von 26.105,15 € - in Übereinstimmung mit dem Schreiben des BMF vom [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Private Pkw-Nutzung - Erschütterung des Anscheinsbeweises

Der Anscheinsbeweis der privaten Nutzung eines dienstlichen Fahrzeugs ist nicht alleine dadurch erschüttert, dass dem Steuerpflichtigen ein weiteres Dienstfahrzeug, für das die 1-%-Regelung angewendet wird, für Privatfahrten zur Verfügung steht. Jedoch ist der Anscheinsbeweis erschüttert, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft z.B. darlegt, dass er und seine Familie den Pkw bereits aufgrund dessen Größe nicht privat nutzen, er arbeitstäglich als Zugmaschine und als Fahrzeug für Mitarbeiter im Einsatz ist, die Werbefolie auf dem Pkw nicht jederzeit entfernbar ist und das Finanzamt eine tatsächliche private Nutzung des Pkw nicht belegen kann. FG Münster, Urt. v. 16.08.2022 - 6 K 2688/19 E, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: III R 34/22) Die Kläger sind verheiratet und haben Kinder, von denen zwei volljährig sind. Im Privatvermögen hatten die Kläger drei Pkws. Diese wurden vor allem von den Kindern genutzt. Auf dem Grundstück der Familie befand sich neben dem Wohnhaus noch der [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 09.11.2022

Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG

Der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG ist nicht teleologisch zu reduzieren. Insbesondere kommt es nicht in Betracht, das aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AStG herrührende Tatbestandsmerkmal des Ausschlusses oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG hineinzulesen. Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG i.V.m. § 17 EStG ist auch bei einer wortlautorientierten Auslegung verfassungsgemäß, verstößt weder gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Ausreisefreiheit noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und führt auch nicht im Hinblick auf die Besteuerung künftiger Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelbesteuerung. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.04.2022 - 3 K 3072/20, Rev. zugelassen Der Kläger war seit 1993 im Inland ansässig und lebte seit 2015 auch in Kanada. Im Jahr 2017 war er anfangs noch unbeschränkt steuerpflichtig in [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Ortskundeprüfung angehender Taxifahrer als steuerfreie Leistung

Ortskundeprüfungen für angehende Taxifahrer sind bei richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG als Schulungsmaßnahme mit direktem Bezug zu einem Beruf steuerfrei. BFH, Urt. v. 30.06.2022 - V R 32/21 (V R 31/17) Die Durchführung der Ortskundeprüfungen ist wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Prüfungsabnahme und der hierfür zu zahlenden Gebühr aufgrund des zwischen dem Kläger, ein nicht gemeinnütziger Berufsverband in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, und dem Prüfling bestehenden Rechtsverhältnisses steuerbar i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG. Die Umsätze aus der Ortskundeprüfung sind jedoch steuerfrei. Bei den in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG genannten Vorträgen, Kursen und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art muss es sich um Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung oder berufliche Umschulung handeln. Nach Art. 44 Satz 1 MwStDVO umfassen die [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Höhe des abzugsfähigen Anteils der Vorsteuer aus einer Insolvenzverwaltervergütung

Führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen des Insolvenzschuldners fort und nimmt so gut wie keine Verwertungshandlungen vor, kann der abzugsfähige Teil der Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung nach dem Umsatzschlüssel ermittelt werden. FG Köln, Urt. v. 25.05.2022 - 9 K 1278/19, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: XI R 20/22) Der Kläger war Insolvenzverwalter und führte den Betrieb des Insolvenzschuldners im Wege der fachlichen Tätigkeit durch den Insolvenzschuldner weiter. Durch das Insolvenzgericht wurde dem Kläger für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter eine Nettovergütung von 21.513,54 € zzgl. Umsatzsteuer von 4.087,56 € bewilligt und für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter eine Vergütung von netto 1.150,00 € zzgl. 218,50 € Umsatzsteuer zugesprochen. Entsprechende Rechnungen erteilte er an die Insolvenzmasse. Nach Ansicht des Finanzamts war die geltend gemachte Vorsteuer nach Maßgabe des Verhältnisses der im Insolvenzverfahren [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Verfahrensrechtliche Wirkung von Umsatzsteuer-Jahressteuererklärungen

Unanfechtbare Jahressteuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung Reicht eine Steuerbürgerin/ein Steuerbürger die Umsatzsteuererklärung erst ein, nachdem die (Jahres-)Umsatzsteuer bereits im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen festgesetzt wurde, ist § 168 AO nicht anwendbar, wenn die Steuerfestsetzung nicht (mehr) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Gleiches gilt, wenn bei Abgabe einer berichtigten Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Steuerfestsetzung nicht oder nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Ob die Steuerfestsetzung zu ändern ist, richtet sich in beiden Fällen nach den §§ 172 ff. AO. Zur Frage, ob die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmt, siehe Hinweis auf AEAO zu § 171, Nr. 2. Unanfechtbare Jahressteuerfestsetzung mit Vorbehalt der Nachprüfung Steht die Steuerfestsetzung bei Eingang der (erstmaligen oder berichtigten) Umsatzsteuererklärung (noch) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Steuerbefreiung für historischen Grundbesitz

Grundbesitz wird in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang dem Zweck der Volksbildung nutzbar gemacht i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG, wenn er zumindest zeitweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, indem zumindest zeitweise der Zugang zu privaten Räumen einer interessierten Öffentlichkeit ermöglicht wird. Die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG ist nur dann zu gewähren, wenn eine gewisse Zeitnähe zwischen dem Erwerbszeitpunkt - in der Regel dem Besteuerungsstichtag - und dem Zeitpunkt der Nutzbarmachung zu Zwecken der Forschung oder der Volksbildung besteht. Hierbei ist einerseits eine Nutzbarmachung des Objekts nicht bereits innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis des Erwerbs erforderlich, andererseits reicht eine Nutzbarmachung erst nach zehn Jahren nicht aus. Der Maßstab für eine solche Zeitnähe ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls. FG Münster, Urt. v. 19.08.2022 - 3 K 2935/20 Erb, vorl. n. rkr. [...]
Erbschaft-/Schenkungsteuer Aktuell vom 09.11.2022

Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden

Dieser Erlass regelt umfassend die Wertermittlung von nach § 12 Abs. 1 bis 3 BewG zu bewertenden Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von nach §§ 13 ff. BewG zu bewertenden wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2009 für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Er ersetzt den Erlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erlasse v. [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 09.11.2022

Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Besteht für einen Vergütungsanspruch, den das Finanzamt für einen Besteuerungszeitraum nach Insolvenzeröffnung erstmals festsetzt, aufgrund der Rechtswidrigkeit dieser Steuerfestsetzung kein materieller Rechtsgrund, wird das Finanzamt diesen Vergütungsanspruch i.S.v. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO erst mit der Festsetzung und damit erst nach der Insolvenzeröffnung zur Masse schuldig. BFH, Urt. v. 22.06.2022 - XI R 46/20 Streitig war die Aufrechnungslage bei Insolvenz im Fall der Berücksichtigung eines Umsatzsteuer-Berichtigungsbetrags durch das Finanzamt in einem falschen Besteuerungszeitraum. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Ob ein Insolvenzgläubiger vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens i.S.d. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, bestimmt sich bei Erstattungs- oder [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 09.11.2022

Keine Klagebefugnis des Personengesellschafters bei Streit über Gesamthandsgewinn

NV: Besteht Streit über Grund oder Höhe des in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellten Gesamthandsgewinns einer Personengesellschaft, ist nur die Gesellschaft selbst klagebefugt. Eine Klagebefugnis des Gesellschafters ergibt sich nicht schon daraus, dass ihm der streitige Gewinn alleine zugerechnet wurde. BFH, Urt. v. 28.07.2022 - IV R 23/19 Streitig ist zwischen den Beteiligten die erfolgswirksame Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG sowie die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft. Im Streitfall hat sich die Gesellschafterin mit ihrer Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns der KG gewandt. Die zinswirksame Auflösung einer in der Gesamthandsbilanz gebildeten Rücklage nach § 6b EStG führte zu laufendem Gesamthandsgewinn und wurde im angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid auch als solcher festgestellt. Die Feststellung eines Ergänzungsbilanzgewinns, die in bestimmten Fällen auch dem [...]
Sonstiges Aktuell vom 09.11.2022

Anwendungserlass zur Börsenklausel des § 1 Abs. 2c GrEStG

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vom 12.05.2021 (BGBl I 2021, 986) wurde in Ergänzung zu § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG die Vorschrift des § 1 Abs. 2c GrEStG (sog. Börsenklausel) eingeführt. Danach bleiben bei der Ermittlung des Prozentsatzes i.S.v. § 1 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 2b Satz 1 GrEStG Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, wenn die Anteile zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG oder an einem als gleichwertig anerkannten Drittlandhandelsplatz zugelassen sind (vgl. Tz. 3.4) und der Anteilsübergang aufgrund eines Geschäfts über einen begünstigten Wertpapierhandelsplatz erfolgt. Bei der Prüfung der relevanten mittelbaren Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG oder bei der Prüfung der relevanten unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2b GrEStG ist für die Ermittlung des Prozentsatzes § 1 Abs. 2c GrEStG zu beachten. Die Vorschrift des § 1 [...]
Sonstiges Aktuell vom 09.11.2022

Termin der schriftlichen Steuerberaterprüfung 2023

Der schriftliche Teil der Steuerberaterprüfung 2023 findet bundeseinheitlich vom 10. bis 12.10.2023 statt. Für die Zulassung zur Prüfung, Befreiung von der Prüfung und die organisatorische Durchführung der Prüfung sind die Steuerberaterkammern zuständig. Entsprechende Anträge sind an die zuständigen Steuerberaterkammern zu richten. Näheres regeln die Bekanntmachungen der Steuerberaterkammern, die in den Kammermitteilungen und auf den Internetseiten der Steuerberaterkammern veröffentlicht werden. Der Erlass listet die zugelassenen Hilfsmittel auf. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse v. [...]
Sonstiges Aktuell vom 09.11.2022

Gewerbesteuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der gestiegenen Energiekosten

Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine und die daraufhin beschlossenen Sanktionen der EU begründen teils schwerwiegende Folgen für Unternehmen in Deutschland. Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur angemessenen Berücksichtigung dieser besonderen Situation bei nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Vorauszahlungen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 GewStG) Folgendes: Nach § 19 Abs. 3 Satz 3 GewStG kann auch das Finanzamt bei Kenntnis veränderter Verhältnisse hinsichtlich des Gewerbeertrags für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Finanzamt Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen anpasst (R 19.2 Abs. 1 Satz 5 GewStR). Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31.03.2023 eingehenden Anträgen [...]