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Verfahrensrecht Aktuell vom 19.10.2022

Festsetzungsverjährung bei Antragsveranlagung

Stellt ein Steuerpflichtiger, der zur Einreichung einer Steuererklärung gesetzlich verpflichtet ist, vor Ablauf der Festsetzungsfrist bei dem für ihn zuständigen Finanzamt einen Antrag, kommt diesem die Rechtswirkung des § 171 Abs. 3 AO nur dann zu, wenn er Angaben macht, deren Erklärungswert über die Ankündigung einer Steuererklärung mit einem bestimmten Gesamtbetrag der Einkünfte hinausgeht. FG Nürnberg, Urt. v. 17.09.2021 - 7 K 313/19, rkr. Der Kläger war beim betreffenden Finanzamt nicht einkommensteuerlich erfasst. Am 29.12.2017 ging beim Finanzamt seine Steuererklärung für das Jahr 2010 ein. Hierin erklärte er Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte i.H.v. 600 € aus der Vermietung eines Wohnmobils. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit machte er hohe Werbungskosten geltend, die zu einer Steuererstattung geführt hätten. Der Kläger stellte zudem schriftlich einen Antrag auf Steuerfestsetzung nach § 171 Abs. 3 AO. Das [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 19.10.2022

Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung

In Ergänzung des AEAO zu § 366 gilt Folgendes: Das Datum der Einspruchsentscheidung soll mit dem Tag übereinstimmen, an dem die für den Empfänger bestimmte Ausfertigung zur Post gegeben wird. Das Datum der abschließenden Zeichnung der Einspruchsentscheidung ist zweckmäßigerweise in der Urschrift neben dem Namenszeichen des zeichnungsbefugten Sachgebietsleiters oder Sachbearbeiters zu vermerken. Für den Tag der Postaufgabe ist das Finanzamt im Wege des sog. Vollbeweises beweispflichtig. Ein Abstellen auf den typischen Geschehensablauf innerhalb des Finanzamts reicht somit nicht aus. Nach Nr. 1.8.2.1 AEAO zu § 122 ist der Tag der Aufgabe zur Post in geeigneter Weise festzuhalten. Eine Dokumentation der Poststelle, wann der Verwaltungsakt das Finanzamt verlassen hat, genügt diesen Anforderungen. Wird die Zustellung einer Einspruchsentscheidung an einen Steuerberater, einen Rechtsanwalt usw. angeordnet, ist nach § 3 VwZG (Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde) [...]
Sonstiges Aktuell vom 19.10.2022

Gewerbesteuerrechtliches Schachtelprivileg bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften

Zu den inländischen Kapitalgesellschaften i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG gehören auch Kapitalgesellschaften, die ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben. BFH, Urt. v. 28.06.2022 - I R 43/18 Streitig war die gewerbesteuerrechtliche Kürzung von Gewinnausschüttungen einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft. Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der Erwerb und die Verwaltung eigenen Grundbesitzes sowie die Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften, die Grundbesitz erwerben und verwalten. Im Jahr 2009 (streitiger Erhebungszeitraum) war die Klägerin Alleingesellschafterin der … BVBA (B-BVBA), einer Gesellschaft mit Sitz in Belgien. Die B-BVBA ist nach den Grundsätzen des sog. Rechtstypenvergleichs als Kapitalgesellschaft einzuordnen und war nicht aktiv tätig i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG. [...]
Sonstiges Aktuell vom 19.10.2022

Gewerbeertrag: Keine erweiterte Kürzung wegen Verpachtung von Dachflächen an eine Schwesterpersonengesellschaft

NV: Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) bei einem in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Grundstücksunternehmen ist nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen, wenn die GmbH Teile ihrer Grundstücke an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige GbR verpachtet. NV: Bei der Nutzung des Grundstück(teil)s durch eine Personengesellschaft greift der Ausschlusstatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG schon dann ein, wenn nur ein Gesellschafter der Personengesellschaft zugleich Gesellschafter des überlassenden Grundstücksunternehmens ist. NV: Halten mehrere Gesellschafter jeweils nur eine geringe (unter 1 % liegende) Beteiligung an der pachtenden Personengesellschaft und unterliegen sie bei dieser der persönlichen Haftung, ist der Ausschluss nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG von der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nicht unverhältnismäßig. NV: Auch die Geringfügigkeit des überlassenen Grundbesitzes führt nicht dazu, dass § [...]
Sonstiges Aktuell vom 19.10.2022

Erweiterte Kürzung bei Betriebsverpachtung

Durch die Nutzung von Grundbesitz im Rahmen einer Betriebsverpachtung wird eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags bei Grundstücksunternehmen durch den als GmbH & Co. KG firmierenden Verpächter ausschließt. Eine alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs umfassende Betriebsverpachtung liegt vor, wenn der dem Betrieb eines Autohauses das alleinige Gepräge gebende Teil eines bebauten Grundstücks unter gleichzeitiger Veräußerung des Umlaufvermögens und des beweglichen Anlagevermögens zur Fortführung des Autohandels verpachtet wird und bei objektiver Betrachtung weiterhin die Möglichkeit der Betriebsfortführung besteht. FG Düsseldorf, Urt. v. 22.06.2022 - 2 K 2599/18 G, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: IV R 19/22) Bis Ende des Jahres 1987 betrieb die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ein Autohaus im eigenen Gebäude, welches auf dem Grundstück eines Gesellschafters stand. Die A-GmbH war Komplementärin [...]
Steuertipp vom 19.10.2022

Steuerermäßigung nach § 35a EStG für Maßnahmen der öffentlichen Hand

Die Anlage 1 zu dem BMF-Schreiben vom 09.11.2016 (BStBl I 2016, 1213) führt Beispiele an, in denen die Arbeitskosten für Hausanschlüsse an Ver- und Entsorgungsnetze begünstigt sind. Dieses BMF-Schreiben wurde durch das BMF-Schreiben vom 01.09.2021 (BStBl I 2016, 1494) geändert. Insbesondere wurde die Rdnr. 2 des BMF-Schreibens um folgenden Absatz ergänzt: "Für Handwerkerleistungen der öffentlichen Hand, die nicht nur einzelnen Haushalten, sondern allen an den Maßnahmen der öffentlichen Hand beteiligten Haushalten zugutekommen, ist eine Begünstigung nach § 35a EStG ausgeschlossen (z.B. Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes oder Erschließung einer Straße). Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Handwerkerleistungen mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückeigentümers (BFH, Urt. v. 22.02.2018, BStBl II 2018, 641)." Darüber hinaus wurde in der Rdnr. 22 des BMF-Schreibens vom 09.11.2016 (BStBl I 2016, 1213) der vormalige Satz 3 "Maßnahmen, [...]
Thema der Woche vom 12.10.2022

Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen als steuerbefreite Heilbehandlung

Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen ist jedenfalls dann gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn sie im Rahmen eines therapeutischen Kontinuums mit einer Kryokonservierung erfolgt, bei dem Einlagerung und Kryokonservierung zwar durch zwei unterschiedliche Unternehmer durchgeführt werden, für die aber dieselben Ärzte tätig sind. BFH, Beschl. v. 07.07.2022 - V R 10/20 Steuerfreie Heilbehandlungen Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn diese im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH und BFH sind Heilbehandlungen Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Transparente Besteuerung einer KGaA nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist nicht in der Weise auszulegen, dass die Erzielung betrieblicher Kapitaleinkünfte für einen persönlich haftenden Gesellschafter im Rahmen seiner Beteiligung an der KGaA ausgeschlossen ist. Die Schachtelprivilegien des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2002 und des Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg 1958/1973 sind auf den persönlich haftenden Gesellschafter anzuwenden (Fortführung von BFH, Urt. v. 19.05.2010 - I R 62/09). Die Einkünftebestandteile des persönlich haftenden Gesellschafters, die auf der Vereinnahmung von Dividenden beruhen, die bei der KGaA nach § 8b KStG von der Besteuerung befreit sind, sind nach dem für die Streitjahre geltenden Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) teilweise steuerfrei zu belassen. BFH, Urt. v. 01.06.2022 - I R 44/18 Ausgehend von seiner Grundsatzentscheidung (BFH, Urt. v. 21.06.1989 - X R 14/88, BStBl II 1989, 881) zeigt der BFH zur transparenten Besteuerung einer KGaA [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Besteuerungsrecht Deutschlands in abkommensrechtlichen Dreieckskonstellationen

Die von Deutschland abgeschlossenen DBA stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und sind jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen, so dass sich der Steuerpflichtige grundsätzlich auf jede Begünstigung berufen kann, die ihm eines dieser Abkommen gewährt. Die Verpflichtung Deutschlands zur Freistellung bestimmter Einkünfte aufgrund eines DBA (hier: DBA-Schweiz 1971/2010) wird daher in einer Dreieckskonstellation nicht dadurch beeinträchtigt, dass nach dem mit einem weiteren Staat bestehenden DBA (hier: DBA-Frankreich 1959/2001) das Besteuerungsrecht für die betreffenden Einkünfte (als sog. Drittstaateneinkünfte) Deutschland zugewiesen wird. BFH, Urt. v. 01.06.2022 - I R 30/18 Die Kläger sind aufgrund ihrer inländischen Wohnung unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 AO). Daraus folgt, dass der Kläger aus seiner Tätigkeit als Altenpfleger steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Bewertung der Einlage einer GmbH-Beteiligung bei Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto

Die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i.S.v. § 17 EStG beteiligt ist (Bestätigung von BFH, Urt. v. 05.06.2008 - IV R 73/05, BStBl II 2008, 965). Bei der Bewertung ist auch der Wertzuwachs zu erfassen, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war. Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto sind bei dem gewerblich tätigen Gesellschafter im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erfolgswirksam zu erfassen, soweit sie die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen. BFH, Urt. v. 30.06.2022 - IV R 19/18 Die Klägerin ist eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG. Zu ihrem Betriebsvermögen gehörte die Beteiligung an einer GmbH. Streitig war, in welcher Höhe Ausschüttungen der GmbH aus dem steuerlichen Einlagekonto wegen Überschreitens [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Zur Zuordnung bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses

Im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ist (lohnsteuerrechtlicher) Arbeitgeber der Verleiher. Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-)Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis. Besteht der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG. BFH, Urt. v. 12.05.2022 - VI R 32/20 Der Kläger ist seit dem 01.02.2012 mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei einem Personaldienstleister (A) angestellt, der u.a. Arbeitnehmer im Rahmen von Zeitarbeit überlässt. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags vom 23.01.2012 sollte der Kläger als überbetrieblicher Mitarbeiter bei Kunden des A eingesetzt werden, ohne dass dadurch ein Vertragsverhältnis zu dem jeweiligen Kunden begründet werden [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Anrechnung eigener Einkünfte der unterhaltenen Person beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen

Anrechenbare Einkünfte i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 EStG. Negative Einkünfte der unterhaltenen Person mindern die gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG anrechenbaren Ausbildungshilfen - hier BAföG-Zuschüsse - nicht. BFH, Urt. v. 08.06.2022 - VI R 45/20 Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, vermindert sich die Summe der nach § 33a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG ermittelten Beträge gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 € im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von der unterhaltenen Person als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse. Im Streitfall hatte die studierende Tochter negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Zudem hatte sie BAföG-Zuschüsse als Ausbildungsbeihilfe [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Beiträge an eine Solidargemeinschaft als Sonderausgaben

Eine Solidargemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, deren Mitglieder sich gegenseitig eine umfassende Krankenversorgung zusichern, ist keine Einrichtung, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gewährt und auf deren Leistungen ein Rechtsanspruch besteht. Wenn die Vereinssatzung keine ausdrücklichen Anspruchsgrundlagen für Leistungen vorsieht, wie sie etwa §§ 20 ff. i.V.m. § 11 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung enthalten, besteht kein Leistungsanspruch, der Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Beiträge als Sonderausgaben ist. FG Münster, Urt. v. 09.02.2022 - 11 K 820/19 E, NZB (Az. beim BFH: X B 24/22) Die Kläger hatten im Jahr 2017 Beiträge zur Absicherung im Krankheits- und Pflegefall an eine Solidargemeinschaft in Vereinsform gezahlt. In der Satzung des Vereins stand, dass es sich nicht um eine Krankenkasse oder Krankenversicherung handle. Vielmehr sicherten sich die Mitglieder gegenseitig [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 12.10.2022

Betriebsausgaben bei der Ausgabe eigener Aktien im Rahmen eines Mitarbeiteraktienoptionsprogramms

Die Ausgabe von eigenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (Aktien) an Arbeitnehmer im Rahmen eines Mitarbeiteraktienoptionsprogramms ist für ertragsteuerliche Zwecke als Sachzuwendung zu behandeln. Nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 EStG entsteht ein Betriebsausgabenabzug (Personalaufwand) in Höhe der Differenz zwischen dem durch die Arbeitnehmer zu leistenden Ausübungspreis und dem Betrag, den die Kapitalgesellschaft für den Erwerb der eigenen Anteile aufgewendet hat, obgleich die Ausgabe der eigenen Anteile auf Ebene der Kapitalgesellschaft für ertragsteuerliche Zwecke als steuerneutrale Kapitalmaßnahme zu behandeln ist (vgl. BMF-Schreiben v. 27.11.2013 - IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl I 2013, 1615, Rdnr. 13, KSt-Kartei zu § 8 KStG, Karte A 15.3). FinMin Schleswig-Holstein, Erlass v. 11.08.2022 - VI 313 - S [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 12.10.2022

Bauträger: Unerkannter Fall des § 13b UStG

NV: Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 26.09.2019 - V R 13/18 gelten nicht nur für Bauträgerfälle (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG), sondern auch für andere Fälle, in denen der Leistende und Leistungsempfänger zunächst rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sind, dass der Leistende Steuerschuldner ist, obwohl der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG). BFH, Beschl. v. 28.06.2022 - XI B 97/21, NV Im Streitfall lag eine unzutreffende, aber folgerichtige Besteuerung beim Leistenden und beim Leistungsempfänger ohne Liquiditätsvorteile oder -nachteile der Beteiligten und des Fiskus vor. Der BFH hat in seinem Urteil vom 26.09.2019 - V R 13/18 entschieden (Leitsatz): "Gehen der Leistende und Leistungsempfänger rechtsfehlerhaft davon aus, dass der Leistende Steuerschuldner ist, obwohl der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG), sind die sich [sic!] aus der Versagung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger entstehenden Zinsen aus sachlichen [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 12.10.2022

Steuerfreiheit von im Rahmen von Krankenhausleistungen erbrachten ärztlichen Heilbehandlungen

Ärztliche Heilbehandlungen sind gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auch dann steuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden und diese Krankenhausleistungen ihrerseits nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG begünstigt sind, weil nicht alle Voraussetzungen dieser Regelung erfüllt sind. FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 17.05.2022 - 4 K 119/18, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: V R 10/22) Die Klägerin - eine GmbH - erbrachte Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter, den Arzt Dr. C. Nach Ansicht des Finanzamts fielen diese Behandlungen nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, weil eine Privatklinik in der Rechtsform einer GmbH - und nicht der tatsächlich behandelnde Arzt - Schuldner der durchgeführten ärztlichen Leistungen war. Aufgrund des Vorliegens von Krankenhausbehandlungen sei einerseits § 4 Nr. 14 Buchst. a [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 12.10.2022

Zulässigkeit einer Prüfungsanordnung gem. § 193 Abs. 1 AO gegenüber den Erben des verstorbenen Unternehmers

NV: Nach dem Zweck des § 193 Abs. 1 AO muss es die Möglichkeit geben, die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann zu prüfen, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben haben; das Gleiche gilt beim Tod des Unternehmers. NV: Die Rechtmäßigkeit einer Außenprüfung bei den Gesamtrechtsnachfolgern ist nicht davon abhängig, ob und ggf. in welcher Höhe Steuernachforderungen aus einer früheren Außenprüfung streitig sind. NV: Die Zulässigkeit einer Außenprüfung bei den Erben hängt nicht vom Gegenstand sowie der (voraussichtlichen) Intensität und Komplexität der Prüfung ab. BFH, Beschl. v. 15.06.2022 - X B 87/21 (AdV), NV Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann nach dem Wortlaut des § 193 Abs. 1 AO die Außenprüfung zwar nur bei Steuerpflichtigen durchgeführt werden, die noch zum Zeitpunkt der Prüfung einen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder freiberuflich tätig sind. Das entspricht aber nicht dem [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 12.10.2022

Berücksichtigung der gestiegenen Energiekosten als Folge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine

Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ein BMF-Schreiben erlassen, nach dem die Finanzämter die ihnen gesetzlich zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume im Interesse der erheblich betroffenen Steuerpflichtigen nutzen sollen. Ohne strenge Nachweispflichten sollen im Einzelfall auf Antrag fällige Steuern gestundet, Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer angepasst sowie Vollstreckungsaufschub gewährt werden. Im Einzelnen gilt Folgendes: In jedem Einzelfall ist unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, inwieweit ggf. die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme erfüllt sind. Die Finanzämter schöpfen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll aus. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31.03.2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen zu stellen. Über Anträge auf [...]
Sonstiges Aktuell vom 12.10.2022

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Lizenzgebühren für synchronisierte Spielfilme

Räumt der Produzent eines Spielfilms (Lizenzgeber) dem Filmverleiher (Lizenznehmer) auch das Recht ein, den lizenzierten Film in einer anderen Sprache zu synchronisieren oder zu untertiteln und diese Filmversion zu verwerten, handelt es sich nicht im Sinne der Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG um eine Lizenz, die ausschließlich dazu berechtigt, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte). BFH, Urt. v. 29.06.2022 - III R 2/21 Streitig war die Frage, ob beim Vertrieb von Filmrechten eine Untertitelung oder Synchronisation das Vorliegen sog. Durchleitungsrechte bzw. einer sog. Vertriebslizenz im Sinne der Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG ausschließt. Der BFH hat entschieden, dass eine Hinzurechnung der von der Klägerin für die Überlassung von Filmrechten geleisteten Lizenzaufwendungen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG) auch insoweit ausgeschlossen ist, als die Klägerin selbst eine [...]
Sonstiges Aktuell vom 12.10.2022

Grunderwerbsteuer bei Erwerb forstwirtschaftlich genutzter Waldflächen

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Dazu können auch Forstbäume zählen. BFH, Urt. v. 25.01.2022 - II R 36/19 Der Kläger unterhält einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Er pflegte kontinuierlich forstlich bewirtschaftete Flächen zu erwerben, um fällreife Bäume abzuholzen und entsprechend neue Bäume anzupflanzen. Im Jahr 2018 erwarb er mit einem einheitlichen Vertrag von derselben Veräußerin mehrere Waldgrundstücke in verschiedenen Gemeinden. Auch bei diesen Grundstücken hatte zum Zeitpunkt der Aufforstung bereits festgestanden, dass die gepflanzten Bäume bei Hiebreife abgeholzt werden sollten. Zum Ankaufszeitpunkt [...]
Sonstiges Aktuell vom 12.10.2022

Ermittlung des gemeinen Werts von Erfindungen und Urheberrechten

Nach R B 9.4 Satz 5 ErbStR ist es bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Erfindungen oder Urheberrechten nicht zu beanstanden, wenn auf den Zinssatz abgestellt wird, den die Deutsche Bundesbank anhand der Zinsstrukturdaten aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen jeweils auf den ersten Börsentag des Jahres errechnet (Basiszins). Ebenso ist bei der Bewertung von Betriebsvermögen, Beteiligungen an Personengesellschaften und Anteilen an Kapitalgesellschaften mit dem Substanzwert für die Bewertung von Erfindungen oder Urheberrechten zu verfahren (R B 11.5 Abs. 6 Satz 5 ErbStR). Für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2017 kann auf den Basiszins abgestellt werden, den das BMF nach § 18 Abs. 4 InvStG 2018 jährlich einmal im BStBl I veröffentlicht. Dieser ist um einen Zuschlag von 4,5 % zu erhöhen. OFD Frankfurt a.M., Vfg. v. 14.02.2022 - S 3101 A-001-St [...]
Steuertipp vom 12.10.2022

Privates Veräußerungsgeschäft nach Überlassung einer Wohnung an die ehemalige Ehefrau und die gemeinsamen Kinder

Das FG Münster hat mit Urteil vom 19.05.2022 - 8 K 19/20 E - entsprechend der Verwaltungsauffassung - entschieden, dass die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung aufgrund einer Scheidungsfolgenvereinbarung an die ehemalige Ehefrau und die gemeinsamen Kinder keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darstelle. Im Streitfall hatte der Kläger im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung den hälftigen Miteigentumsanteil seiner ehemaligen Ehefrau an dem betreffenden Wohnhaus entgeltlich erworben, das Objekt anschließend unentgeltlich seiner ehemaligen Ehefrau und den gemeinsamen Kindern zur Nutzung überlassen und letztlich innerhalb von zehn Jahren veräußert. Das Finanzamt hatte den hieraus erzielten Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterworfen. Nach Auffassung des FG Münster ist der Begriff der "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG so zu verstehen wie in § 10e EStG und § 4 [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 12.10.2022

Kündigung bei falscher Arbeitszeiterfassung

Der Arbeitszeitbetrug ist immer ein kündigungsrelevanter Sachverhalt. Ob der Arbeitnehmer vor der Kündigung abgemahnt werden muss oder eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt, ist einzelfallabhängig. Das LAG Thüringen hat entschieden, wie mit mehr als 20 nicht im Arbeitszeitsystem erfassten Raucherpausen innerhalb weniger Tage umzugehen ist. Die Klägerin war seit 1990 bei der Beklagten beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten galt eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit. Hiernach ist die Arbeitszeit bei jedem Betreten oder Verlassen der Dienstgebäude zu erfassen, ebenso bei jeglichen Pausen. Am 26.02.2018 bestätigte die Klägerin schriftlich, dass sie durch ihre Teamleiterin zur Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit bei Dienstreisen und zur Buchung von Pausenzeiten belehrt worden sei. Beim Auswerten der Zugangskarten der Klägerin zum Dienstgebäude ergab sich für die zweite und dritte Woche des Jahres 2019, dass die Klägerin bis zu vier Pausen pro Tag nicht [...]
Thema der Woche vom 05.10.2022

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz

Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zu EuGH, Urt. v. 20.01.2021 - C-288/19, Finanzamt Saarbrücken, EU:C:2021:32). BFH, Urt. v. 30.06.2022 - V R 25/21 In dem vom BFH entschiedenen Streitfall stellte sich die Frage, ob es sich bei der Überlassung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs an einen Arbeitnehmer - auch zu Privatfahrten - auch dann um eine entgeltliche Vermietungsleistung i.S.d. § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG handelt, wenn der Arbeitnehmer hierfür keine Zahlung leistet, keinen Teil seiner Barvergütung verwendet und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf Nutzung des Firmenfahrzeugs mit dem [...]
Gesetzgebung vom 05.10.2022

Änderungen bei Bier- und Umsatzsteuer

Der Deutsche Bundestag hat am 22.09.2022 den Entwurf der Bundesregierung für ein "Achtes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen" in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drucks. 20/3590) gebilligt. Die Zustimmung des Bundesrats soll Anfang Oktober erfolgen. Durch das Gesetz sollen im Wesentlichen die Verbrauchsteuersystemrichtlinie - Richtlinie (EU) 2020/262 des Rates vom 19.12.2019 zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems - sowie die Alkoholstrukturrichtlinie - Richtlinie (EU) 2020/1151 des Rates vom 29.07.2020 zur Änderung der Richtlinie 92/83/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke - im Biersteuerrecht umgesetzt werden. Zu den vorgesehenen Maßnahmen gehört u.a. aber auch, dass Bierwürze, die zur Herstellung von alkoholsteuerpflichtigen Waren verwendet wird, von der Biersteuer befreit wird. Kurz vor der Verabschiedung ist das Gesetz durch den Finanzausschuss des Bundestags um mehrere [...]
Gesetzgebung vom 05.10.2022

Umsatzsteuer auf Gas und Fernwärme sowie abgabenfreie 3.000 €

In seiner Sitzung am 30.09.2022 hat der Deutsche Bundestag den Entwurf eines "Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" in einer ebenfalls vom Finanzausschuss ergänzten Fassung beschlossen (BT-Drucks. 20/3744). Bereits der Gesetzentwurf sieht vor, die Umsatzsteuer auf die Lieferung von Gas zeitlich befristet von 19 % auf 7 % zu senken. Die Senkung betrifft den Zeitraum vom 01.10.2022 bis zum 31.03.2024. Die Senkung wird nun trotz Wegfalls der eigentlich im Gegenzug geplanten Gasumlage umgesetzt. Telextipp Zur temporären Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen von Gas hat das BMF bereits den Entwurf eines Anwendungserlasses veröffentlicht. Sie finden ihn in dieser Ausgabe auf S. 619. Ermäßigung auch für Fernwärme In einer Sondersitzung hat der Finanzausschuss die Steuersenkung kurzfristig erweitert. Die ab dem 01.10.2022 vorgesehene Reduzierung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen wird auch für Fernwärme gelten. [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Kein Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten bei Zuzahlungen für die Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens

Nutzt der Arbeitnehmer ein ihm von seinem Arbeitgeber auch zur außerdienstlichen Nutzung überlassenes Kfz für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, so scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat. BFH, Urt. v. 04.08.2022 - VI R 35/20 Der Kläger verfügte auch für private Fahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung (außerdienstliche Fahrten) über ein Fahrzeug (Kfz) seines Arbeitgebers, für das er pauschale (0,5 % der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung) und kilometerabhängige Zuzahlungen an diesen zu leisten hatte. In diesem Zusammenhang stand dem Kläger eine Tankkarte des Arbeitgebers zur Verfügung. Für die Nutzung der Tankkarte für außerdienstliche Fahrten zahlte der Kläger 0,10 € (bis Mai 2016) bzw. 0,09 € (ab Juni 2016) pro [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien

Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte mindern nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG - in Ausnahme zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG (sog. Abflussprinzip) - die Einnahmen in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurden. Es handelt sich insoweit um ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Ergibt sich dabei für das einzelne Stillhalter-/Glattstellungsgeschäft ein Verlust (eine negative Differenz), ist dieser abzugsfähig und unterliegt nicht dem Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG. BFH, Urt. v. 02.08.2022 - VIII R 27/21 Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien zu einer Einnahmenminderung führen. Denn nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 zweiter Halbsatz EStG "mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien". Der Gesetzgeber hat danach im gesetzlichen Tatbestand [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Prozesskostenabzugsverbot im Fall von Kosten Dritter

Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind auch die Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, die für die Führung eines Rechtsstreits - hier eines Strafverfahrens - eines Dritten (beispielsweise eines Angehörigen) aufgewendet worden sind. BFH, Urt. v. 10.08.2022 - VI R 29/20 Der BFH sah es im Streitfall schon als zweifelhaft an, ob die Kläger ihrem bereits volljährigen Sohn die Begleichung eines Vorschusses für die Kosten des Strafverfahrens tatsächlich als Unterhalt schuldeten. Zudem gründeten die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten auf einer Honorarvereinbarung. Nach allgemeinen Maßstäben erwachsen Kosten für einen Strafverteidiger jedoch allenfalls insoweit zwangsläufig, als sie nicht (aufgrund einer Honorarvereinbarung) über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegen. Ob und in welcher Höhe den Klägern die Kosten für die Strafverteidigung ihres Sohns nach allgemeinen Grundsätzen zwangsläufig i.S.v. § 33 EStG entstanden sind, konnte für die [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Kein rückwirkender Formwechsel, wenn bei Beschlussfassung die Einbringungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind

NV: Ein nach einem Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft an die Übernehmerin gerichteter Körperschaftsteuerbescheid ist wegen fehlender gesetzlicher Anordnung i.S.d. § 179 Abs. 1 AO kein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für einen an die Gesellschafter der Überträgerin ergangenen Feststellungsbescheid. NV: Gegenstand der Übertragung beim vorgenannten Formwechsel sind die jeweiligen Mitunternehmeranteile der Einbringenden (vgl. BFH, Urt. v. 11.07.2019 - I R 26/18, BStBl II 2022, 93). NV: Jedenfalls zum Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung der Mitunternehmeranteile (hier: in Form des Beschlusses des Formwechsels) müssen die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 25 Satz 1, 20, 21 UmwStG 2006 erfüllt sein. Daran fehlt es, wenn die Überträgerin zuvor ihren ganzen Gewerbebetrieb i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erste Alternative EStG veräußert hat. BFH, Urt. v. 21.02.2022 - I R 13/19, NV An einer formwechselnden Umwandlung ist nur ein Rechtsträger [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Keine Pauschalierung bei einer Vorstandsweihnachtsfeier

Der Pauschalsteuersatz von 25 % für Betriebsveranstaltungen gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG findet keine Anwendung auf Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen (hier Vorstands- bzw. Führungskräfteweihnachtsfeier). FG Köln, Urt. v. 27.01.2022 - 6 K 2175/20, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: VI R 5/22) Der Vorstand der Klägerin hatte im Jahr 2015 eine Weihnachtsfeier veranstaltet, zu der nur die Mitglieder des Vorstands eingeladen waren. Die Feier fand in den eigenen, dekorierten Räumen statt. Es gab Getränke, ein mehrgängiges Menü und musikalische Untermalung. Ebenfalls im Jahr 2015 wurde eine weitere Weihnachtsfeier für den sog. oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis veranstaltet. Zu dieser Feier waren Mitarbeiter ab einem bestimmten Karrierelevel eingeladen, die keinem eigenständigen Betriebsteil angehörten. Die Klägerin trug sämtliche Kosten und behandelte die Aufwendungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn, der der pauschalen [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Lohnsteuer für die Erstattung von Parkgebühren

Die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer führt bei diesen zu Arbeitslohn, wenn die Kosten bereits mit der gesetzlichen Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Satz 2 EStG) abgegolten sind. Auch wenn die Erstattung von Parkkosten bei fehlenden kostenlosen Parkmöglichkeiten ein pünktliches Erscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz und damit einen reibungslosen Betriebsablauf begünstigt, erfolgt die Übernahme der Parkkosten dennoch nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern immer auch im Interesse der Arbeitnehmer, die diese Kosten anderenfalls zu tragen hätten. FG Niedersachsen, Urt. v. 27.10.2021 - 14 K 239/18, Rev. zugelassen Die Klägerin ist eine Krankenhausgesellschaft, bei der eine Lohnsteueraußenprüfung stattfand. Sie hatte an einem Standort keinen eigenen Parkplatz und erstattete ihren Mitarbeitern daher die nachweislich entstandenen Parkgebühren. Etwa 35 % bis 45 % der Mitarbeiter erhielten die Erstattung. Nach [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 05.10.2022

Zur Rückwirkung eines Schwerbehindertenausweises

Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX können die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen feststellen, dass ein Grad der Behinderung (GdB) oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Feststellungsinteresse besteht. Ein besonderes Feststellungsinteresse kann nach dem Urteil des BSG vom 16.02.2012 - B 9 SB 1/11 R u.a. durch die beabsichtigte Inanspruchnahme von Steuervorteilen, z.B. des Behinderten-Pauschbetrags nach § 33b EStG, begründet werden. Dies kann der Betroffene durch Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Finanzamts glaubhaft machen. Die Finanzämter sollen ggf. auf Antrag des Steuerpflichtigen eine entsprechende Bescheinigung zur Vorlage bei der zuständigen Behörde ausstellen, aus der sich ergibt, für welche Zeiträume die Festsetzungsverjährung der Einkommensteuerfestsetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 05.10.2022

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b bis d und f und § 4c UStG

Allgemeines Durch Art. 15 Nr. 2 und 3 des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wurden mit § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. e und f UStG Regelungen zur Steuerbefreiung von Leistungen im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Die Gesetzesänderung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2235 des Rates vom 16.12.2019 (ABl. EU Nr. L 336/2019, 10). Die Regelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.06.2022 ausgeführt werden. Daneben wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht vom 21.12.2021 (BGBl I 2021, 5250) § 4c in das Umsatzsteuergesetz eingefügt, der Regelungen zur Steuervergütung für Leistungsbezüge europäischer Einrichtungen insbesondere in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie enthält. Unionsrechtliche Grundlage ist insoweit die Richtlinie (EU) 2021/1159 des Rates vom 13.07.2021 (ABl. EU Nr. L 250/2021, 1). [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 05.10.2022

Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen von Gas - Entwurf eines BMF-Schreibens

Durch das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz wird der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz befristet vom 01.10.2022 bis zum 31.03.2024 von 19 % auf 7 % gesenkt. Die Änderung tritt am 01.10.2022 in Kraft. Der vorliegende Entwurf eines BMF-Schreibens enthält u.a. folgende, auch für die Verbraucher bedeutsame Regelungen: Der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt nur für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz. Nicht entscheidend ist dabei, um welche Art von Gas es sich handelt (z.B. Biogas oder Erdgas). Ebenso erfasst sind Lieferungen von Gas, das vom leistenden Unternehmer dem Erdgasnetz entnommen und sodann unmittelbar zum Leistungsempfänger weitertransportiert wird. Gaslieferungen sind erst mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln. Die während des Ablesezeitraums geleisteten Abschlagszahlungen führen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums ihrer Vereinnahmung zum [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 05.10.2022

Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Flankenschutzprüfer

Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vorliegt. BFH, Urt. v. 12.07.2022 - VIII R 8/19 Eine selbständig tätige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des Finanzamts aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 05.10.2022

Risiko der durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung an COVID-19 und Terminsverlegung

NV: Ein Attest, das lediglich ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung an COVID-19 ausweist, stellt (noch) keinen erheblichen Grund für eine Terminsverlegung dar; es bedarf konkreter und überprüfbarer Anhaltspunkte für eine solche Gefährdung des Beteiligten. NV: Auch im Fall einer durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelösten andauernden Erkrankung an COVID-19 ist ein berufsmäßiger Vertreter verpflichtet, Vorsorge für die Terminswahrnehmung zu treffen, ggf. durch Bestellung von (Unter-)Bevollmächtigten bzw. im Fall einer Steuerberatungsgesellschaft durch Wahrnehmung des Termins durch andere vertretungsberechtigte Angehörige dieser Gesellschaft. BFH, Beschl. v. 09.06.2022 - X B 35-36/21, NV Der BFH hat im Streitfall das Vorgehen des FG, die mündliche Verhandlung trotz Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten durchzuführen, mit folgenden Erwägungen als verfahrensfehlerfrei [...]
Verfahrensrecht Aktuell vom 05.10.2022

Zeitpunkt des Eingangs eines über das besondere Anwaltspostfach übermittelten Schriftsatzes

NV: Der von einem Rechtsanwalt über das besondere Anwaltspostfach (beA) gem. § 52d, § 52a Abs. 1, 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO in elektronischer Form übermittelte Schriftsatz - vorliegend die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde - geht dann bei Gericht ein, wenn er auf dem für das Gericht eingerichteten Server im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach gespeichert ist (vgl. § 52a Abs. 5 Satz 1 FGO; Anschluss an BGH, Urt. v. 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201, Rdnr. 18). BFH, Beschl. v. 25.05.2022 - X B 158/21, NV § 52a Abs. 5 Satz 1 FGO bestimmt, dass ein elektronisches Dokument eingegangen ist, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Nach der zur insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO ergangenen Rechtsprechung des BGH liegt ein Eingang vor, wenn das Dokument auf dem für das Gericht eingerichteten Empfängerintermediär im Netzwerk für das elektronische [...]
Steuertipp vom 05.10.2022

Höchstbetrag nach § 7g Abs. 1 Satz 4 EStG aufgrund verlängerter Investitionsfristen

Im Zuge verschiedener steuerlicher Corona-Hilfsmaßnahmen wurde die Investitionsfrist des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG für Investitionsabzugsbeträge (IAB), die in den Wirtschaftsjahren 2017 bis 2019 gebildet wurden, von bislang drei auf vier bis sechs Jahre verlängert (§ 52 Abs. 16 Satz 3 bis 5 EStG). Für IAB, die im Wirtschaftsjahr 2017 gebildet wurden, beträgt die Investitionsfrist sechs Jahre, für im Wirtschaftsjahr 2018 gebildete IAB fünf Jahre und für im Wirtschaftsjahr 2019 gebildete IAB vier Jahre. Steuerpflichtige, die in den Jahren 2017 bis 2019 IAB gebildet haben, weil sie in den Jahren 2020 bis 2022 investieren wollten, dann aber wegen der Corona-Krise nicht investieren konnten, haben dadurch die Gelegenheit, die Investitionen im Jahr 2023 ohne negative steuerliche Folgen nachzuholen. Durch diese verlängerten Investitionsfristen erhöht sich für den genannten Zeitraum einmalig auch der in § 7g Abs. 1 Satz 4 EStG genannte Höchstbetrag von 200.000 € auf maximal [...]
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht vom 05.10.2022

Neue Entscheidung des EuGH zum Verfall von Urlaub

Der EuGH hat bereits mehrfach zur Weiterentwicklung des Urlaubsrechts in Deutschland beigetragen. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub hat als "wesentlicher Grundsatz des Sozialrechts der Union zwingenden Charakter" und darf nicht eingeschränkt werden, so der EuGH im Urteil vom 06.11.2018 - C-684/16, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, EU:C:2018:874. In diesem Verfahren hatte der EuGH festgestellt, dass der Urlaubsanspruch nicht automatisch am Jahresende verfällt, weil der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer nämlich ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er noch einen Anspruch auf Urlaub hat. Kommt also ein Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nach, kann er sich nicht darauf berufen, dass der Urlaub nicht rechtzeitig genommen wurde. Der Urlaubsanspruch wird in das Folgejahr übertragen. Kürzlich hatte der EuGH zu entscheiden, ob ein solcher Urlaubsanspruch der regelmäßigen Verjährung von drei [...]
Thema der Woche vom 28.09.2022

BFH: AfA-Berechtigung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Der BFH hat mit Urteil vom 03.05.2022 bestätigt, dass bei entgeltlich erworbenen Anteilen einer vermögensverwaltenden Gesellschaft die AfA nach Maßgabe der Anschaffungskosten und nach der im Zeitpunkt des Anteilserwerbs verbleibenden Restnutzungsdauer des anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsguts zu ermitteln ist. BFH, Urt. v. 03.05.2022 - IX R 22/19 Sachverhalt Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) war Klägerin und Revisionsklägerin. Beklagte und Revisionsbeklagte war das zuständige Finanzamt. Die GbR war Verwalterin von Grundvermögen. Die im Eigentum der GbR stehenden bebauten Grundstücke wurden von ihr vermietet. Die Einkünfte ermittelte die GbR durch eine Einnahmenüberschussrechnung. Beteiligungsverhältnisse Gesellschafter der GbR waren zunächst die Brüder A und B mit jeweils 50 % Beteiligungsanteil. A übertrug mit Vertrag vom 21.07.2011 insgesamt 16 % seiner Anteile auf seinen Bruder B und weitere 34 % auf dessen Ehefrau C. Nach der Übertragung [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Einkünftezurechnung bei sog. doppelter Treuhand

Bei der sog. doppelten Treuhand kann (auch) nach Eintritt des Sicherungsfalls ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO vorliegen. BFH, Urt. v. 04.05.2022 - I R 19/18 Streitig war die Zurechnung von Dividenden zu den Einkünften des Klägers, ein eingetragener Verein. Der Kläger hat gem. § 2 Nr. 1 seiner Satzung den Zweck, "das ihm zu treuen Händen übertragene Treuhandvermögen der ... AG (Treugeberin) und deutscher ... Konzerngesellschaften ... zu halten und zu verwalten". Das Treuhandvermögen wird in der Satzung als der Teil des Vermögens der Unternehmen definiert, der jeweils zur Sicherung der Pensionsverpflichtungen der Unternehmen gegenüber ihren versorgungsberechtigten Personen, insbesondere Mitarbeitern und deren Hinterbliebenen aus Pensionszusagen, dient und dem Verein zu diesem Zweck übertragen wurde, sowie alle Surrogate dieses Vermögens. Der Kläger verfolgt gem. § 2 Nr. 2 seiner Satzung keine Erwerbsinteressen. [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Kindergeldanspruch während eines Praxisjahres

NV: Ob eine innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses ausgeübte Tätigkeit als Berufsausbildung anzusehen ist, hängt davon ab, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht (vgl. BFH, Urt. v. 22.02.2017 - III R 20/15, BFHE 257, 274, BStBl II 2017, 913). NV: Sofern bei der Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG eine einheitliche, aus mehreren Ausbildungsabschnitten bestehende Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abgegrenzt werden muss, ist anhand einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse zu entscheiden, ob die nach Erlangung des (ersten) Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weitere Ausbildungsmaßnahme eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellt. Dabei ist u.a. die zeitliche Verteilung von Arbeitstätigkeiten und [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Betrieblich veranlasste Schuldzinsen bei Überentnahme

NV: Vor Einschränkung des Abzugs von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist in einem ersten Schritt zu klären, ob und inwieweit die Schuldzinsen überhaupt betrieblich veranlasst sind. BFH, Urt. v. 22.03.2022 - IV R 19/19, NV Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs. 1 GG. Die verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Ansatz eines typisierten Zinssatzes, die in Verfahren wegen der Vollverzinsung nach den §§ 233a, 238 Abs. 1 AO erhoben worden seien, träfen auch auf die hier streitige Regelung des § 4 Abs. 4a EStG zu. Der Prozentsatz von 6 % in § 4 Abs. 4a EStG sei im Streitzeitraum realitätsfern. Das BMF war dem Verfahren beigetreten. Es erachtet den in § 4 Abs. 4a EStG enthaltenen Prozentsatz von 6 % als zulässige gesetzliche Typisierung für die Ablehnung des Schuldzinsenabzugs bei Vorliegen von Überentnahmen. Die gegen die Zinshöhe in den §§ 233a, 238 Abs. 1 AO erhobenen Einwände seien nicht auf § 4 Abs. 4a EStG [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Unterhaltsleistungen an die Mutter eines gemeinsamen Kindes

NV: Auch nach der Reform des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 und dem Beschluss des BVerfG vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 (BVerfGE 133, 377) zum Splittingtarif bei eingetragenen Lebenspartnerschaften ist eine Ausweitung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG auf Unterhaltsleistungen an ehemalige Lebensgefährten und Eltern eines gemeinsamen Kindes verfassungsrechtlich nicht geboten. BFH, Beschl. v. 09.06.2022 - X B 15/21, NV Die vom Kläger in seiner Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits aufgrund der bestehenden BFH-Rechtsprechung zur Anwendung des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. (heute: § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG) geklärt. Das Realsplitting ist danach auch aus verfassungsrechtlichen Gründen trotz der Angleichungen im Familienrecht nicht auf Unterhaltsleistungen an eine nicht verheiratete Mutter nach § 1615l Abs. 2 BGB auszuweiten. Bereits im Beschluss vom 13.03.1995 - X B 158/94 (BFH/NV 1995, 777) [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Aufgabe des Wohnsitzes im Inland und Umzug ins Ausland

Fasst der Steuerpflichtige den Entschluss, seine Wohnung im Inland aufzugeben und dauerhaft ins Ausland umzuziehen, wird der inländische Wohnsitz bis zum tatsächlichen Verlassen der Wohnung am Umzugstag beibehalten. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland endet in diesem Fall in dem Moment, in dem der Steuerpflichtige am Umzugstag das Inland verlässt. Der Tag des Umzugs ins Ausland zählt noch zum Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht. FG Hamburg, Urt. v. 12.05.2022 - 5 K 141/18, Rev. zugelassen Der Kläger zahlte an seinen Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes in drei Tranchen. Die erste Zahlung erfolgte bei Auflösung des (befristeten) Arbeitsvertrags und die anderen zwei in den beiden Folgejahren. Im Februar 2003 wurde der Auflösungsvertrag zum Ablauf des Monats geschlossen. Am 08.02.2003 unterschrieb der Arbeitnehmer bei einem neuen Arbeitgeber in China einen Arbeitsvertrag und suchte dort ein Haus. Er kehrte nach Deutschland zurück und flog dann am 20.02.2003 [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Darlehensverzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Auch wenn ein Darlehen des Gesellschafter-Geschäftsführers der Gesellschaft aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden war, kann der spätere Verzicht darauf nach den Gesamtumständen des Einzelfalls durch das zugleich bestehende Anstellungsverhältnis veranlasst sein und dann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen. Das Vorliegen deutlicher Hinweise darauf, dass die Gesellschafter trotz der bestehenden Verlustsituation reelle Chancen sahen, doch in der Zukunft Gewinne in erheblicher Höhe zu erzielen, kann für eine Veranlassung des Verzichts durch das Gesellschaftsverhältnis sprechen. FG München, Urt. v. 17.02.2022 - 11 K 2371/18, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: VIII R 8/22) Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH. Er war zu mehr als 10 % an der X-GmbH beteiligt. Diese war aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses im Jahr 2009 rückwirkend zum 31.12.2008 aus einer KG umgewandelt worden. Noch vor der [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Rücklage für Ersatzbeschaffung - vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen

Die in R 6.6 Abs. 4 Satz 3 bis 6, Abs. 5 Satz 5 und 6 sowie Abs. 7 Satz 3 und 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung nach Bildung einer Rücklage nach R 6.6 Abs. 4 EStR verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Die genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2020 und vor dem 01.01.2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Sie verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2021 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. BMF-Schreiben v. 20.09.2022 - IV C 6 - S 2138/19/10002 [...]
Einkommensteuer Aktuell vom 28.09.2022

Nutzungsersatz bei Rückabwicklung eines Darlehensvertrags als Einkünfte

In den vergangenen Jahren nutzten viele Darlehensnehmer die Chance, ihren Darlehensvertrag aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung zu widerrufen, um in einen Vertrag mit niedrigeren Zinsen zu wechseln oder eine Restschuld ohne Vorfälligkeitsentschädigung in einem Betrag tilgen zu können. Durch den Widerruf wurde der Darlehensvertrag rückabgewickelt, d.h., die Bank erhielt den Darlehensbetrag zurück, der Darlehensnehmer die Zins- und Tilgungsraten. Daneben musste der Darlehensnehmer einen Wertersatz für das erhaltene Darlehen zahlen. In bestimmten Fällen schuldete die Bank zudem die Herausgabe von Nutzungsersatz, da die Bank mit den erhaltenen Raten wirtschaften konnte. Nach der Verwaltungsauffassung handelt es sich bei der Zahlung von Nutzungsersatz um Kapitalerträge (vgl. BMF-Schreiben v. 19.05.2022 - IV C 1 - S 2252/19/10003 :009, Rdnr. 8b). Die Finanzgerichtsbarkeit stuft solche Zahlungen unterschiedlich ein. So hatte das FG Baden- Württemberg mit Urteil vom [...]
Umsatzsteuer Aktuell vom 28.09.2022

Organschaft bei GmbH & Co. KG

Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist, so dass ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften besteht (Festhalten an BFH-Urteil vom 01.12.2010 - XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600). BFH, Urt. v. 01.02.2022 - V R 23/21 Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der [...]